Auto & Verkehr

Die Ankunft des neuen Ampelkönigs

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Auf der ersten Probefahrt mit dem BMW i3 erweist sich das Elektro-Auto in Sachen Fahrdynamik als echter BMW. Bei leerem Akku kennt sein Navigationsgerät zur Not Fußwege und den öffentlichen Nahverkehr.

Sechs Jahre dauerte die von der Automobilindustrie und der Presse mit großer Aufmerksamkeit verfolgte Schwangerschaft BMWs mit seinem Elektro-Baby. Jetzt ist der i3 auf der Welt und macht sich von Mitte November an auf, selbige zu erobern. Dem Neugeborenen kommt eine große Bedeutung im Unternehmen zu, ist er doch für BMW der Wegbereiter in eine neue automobile Zukunft. Der kleine Stromer sieht bewusst ganz anders aus als seine sportlich gezeichneten Brüder, eher wie ein kurzer, hoher Minivan. In Sachen Fahrdynamik erweist er sich aber als echter BMW. Und auch beim Preis: 34.950 Euro kostet der i3 mindestens, und die Aufpreisliste ist lang.

Mit vier Meter Länge ist der Elektro-Viersitzer rund 30 Zentimeter kürzer als ein Einser- er ist 1,78 Meter breit und knapp 1,60 Meter hoch. Konsequent für den Elektroantrieb entwickelt, hat er eine Fahrgastzelle aus kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK). Der Einsatz dieses leichten, besonders steifen Werkstoffs, erlaubt den Verzicht auf die B-Säulen. Der i3 hat gegenläufig öffnende Fondtüren, die den Zustieg auf die beiden hinteren Sitze recht kommod gestalten. Allerdings muss vor dem Ein- oder Aussteigen zunächst die vordere Tür geöffnet werden. Dank des Radstands von 2,57 Meter sind die Platzverhältnisse auch im Fond für Erwachsene ausreichend, dahinter lässt sich Gepäck (Volumen 260 bis 1100 Liter) unterbringen, das über eine relativ hohe Kante eingeladen werden muss.

Maximal 200 Kilometer weit soll er kommen

Bequemer als erwartet sitzen Fahrer und Beifahrer auf den schlanken Leichtbausitzen, das Raumangebot vorn ist großzügig, die Rundumsicht gut. Obwohl das Cockpit anders als gewohnt aussieht, haben wir uns im Innenraum des i3 sofort wohl gefühlt. Die geschwungene Armaturentafel mit zwei flachen, freistehenden Bildschirmen wirkt luftig-leicht und ist größtenteils aus natürlich bearbeiteten Materialien, Recycling-Werkstoffen und nachwachsenden Rohstoffen gestaltet. Die vier Ausstattungslinien halten gegerbtes Naturleder oder Eukalyptusholz „aus zertifizierter nachhaltiger Forstwirtschaft“ bereit. Der Begriff „Premium“ werde sich künftig wesentlich stärker auch über „Nachhaltigkeit“ definieren, sind die BMW-Strategen überzeugt.

Wie fährt sich der i3? Zwei Dinge fallen auf: die eindrucksvolle Beschleunigung des E-Mobils nicht nur vom Start weg, sondern bis zur elektronisch begrenzten Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h, aber auch die starke Verzögerung ohne Nutzung des Bremspedals. Der 125-kW-Elektromotor sorgt mit seinem sofort verfügbaren Drehmoment von 250 Newtonmeter für ordentlich Power. Nur 7,2 Sekunden benötigt der Stromer von 0 auf 100 km/h, beim Ampelspurt lässt er viele Sportwagen hinter sich.

Wer daran allzu oft Spaß findet, muss aber mit verringerter Reichweite rechnen. 130 bis 160 Kilometer verspricht BMW im per Knopfdruck wählbaren Komfort-Modus, im Fahrmodus Eco Pro + soll der Stromer bis 200 Kilometer weit kommen, dann aber ohne Klimatisierung und mit maximal 90 km/h. Der Normverbrauch beträgt 12,9 kWh je 100 Kilometer. Bei knapp 300 Kilometer liegt die Reichweite, wenn für 4500 Euro ein Range Extender geordert wird. Ein 27 kW (34 PS) starker Zweizylinder-Benziner (von BMW-Motorrad) dient dann als Generator.

Digitale Vernetzung ist selbstverständlich

Mit knapp 1,3 Tonnen Gewicht – davon rund 230 Kilogramm für die im Unterboden eingebettete Lithium-Ionen-Batterie mit einem Fassungsvermögen von 22 Kilowattstunden,- ist der i3 für ein Elektrofahrzeug relativ leicht. Die Rückgewinnung der Bremsenergie geschieht geschwindigkeitsabhängig- bei niedrigem Tempo im Stadtverkehr wird kräftiger verzögert, sobald der Fuß vom Gaspedal genommen wird. Daran gewöhnt man sich schnell, das Bremspedal wird nur selten benötigt. Fahrdynamisch ist der i3 ein echter BMW, er liegt satt auf der Straße, ist agil und mit einem Wendekreis von nur 9,86 Meter äußerst handlich. Die Federung wurde recht straff abgestimmt, die Passagiere spüren jeden überfahrenen Gullydeckel.

Serienmäßig wird der i3 mit Klimaanlage, 19-Zoll-Leichtmetallrädern, Parksensoren am Heck sowie Navigationssystem ausgestattet. Digitale Vernetzung ist selbstverständlich: Per Smartphone können Reichweite oder Batterie-Ladestatus angezeigt werden, wenn der i3 am Strom hängt. Und wenn die Reichweite einmal nicht ausreicht, schließt die „intermodale Routenführung“ auch Fußwege mit ein und nennt Verbindungen mit dem öffentlichen Nahverkehr. Allein 600 Millionen Euro hat BMW in das Werk in Leipzig investiert, zu den Kosten für die Gesamtentwicklung gibt es keine Angaben. Im Frühjahr nächsten Jahres tritt der Plug-in-Hybrid-Sportwagen i8 an.