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Johnsons Corona-Fahrplan: Wachsam im Lockdown

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Boris Johnson erläutert bei seiner Fernsehansprache am Sonntagabend ein neues Covid-Alarmsystem, das als Richtlinie der Lockerungen dienen soll.

Seit der Einführung des „Lockdowns“ am 23. März lautete die offizielle Aufforderung an die Briten: „Stay at Home“ (Bleiben Sie zu Hause). Seit diesem Sonntag heißt es: „Stay alert“ (Bleiben Sie wachsam). Am Sonntagabend erklärte Boris Johnson das neue Konzept in einer Fernsehansprache. Dies sei „nicht die Zeit, den Lockdown einfach zu beenden“, sagte der Premierminister und kündigte nur geringfügige Lockerungen an. Briten, die nicht von zuhause arbeiten könnten, würden nun „aktiv ermutigt“, wieder zur Arbeit zu gehen. Sie sollten allerdings öffentliche Verkehrsmittel meiden. Erlaubt ist nun auch wieder, „unbegrenzt“ Sport zu treiben und sich in der Natur aufzuhalten, sofern die Distanzregeln weiter beachtet werden, sich also niemand mit Mitgliedern eines anderen Haushalts mischt.

Erst im Juni könne – „abhängig von einer langen Reihe von ,Wenns’” – mit der schrittweisen Öffnung von Geschäften und Schulen begonnen werden, sagte Johnson. Für Pubs, Restaurants und Hotels gilt das frühestens ab Juli. Johnson verschärfte sogar die Einreisebestimmungen. Wer im Königreich lande, müsse demnächst für zwei Wochen in Quarantäne, sagte er- dies gilt einstweilen nicht für Reisende, die aus Frankreich einreisen, meldete Downing Street am Abend. Manche hatten erwartet, dass Johnson auch zum Tragen von Masken in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln ermuntern würde. Doch das Thema ließ er aus.

Viele in Johnsons Partei hatten sich weitgehendere Lockerungen gewünscht. Andere hingegen hielten ihm schon vor seiner Ansprache vor, Einschränkungen zu früh aufzuheben und außerdem eine „vage Botschaft“ zu verbreiten. Die Regionalregierungen in Wales, Nordirland und Schottland kündigten an, beim alten Slogan „Stay at home!” zu bleiben. Ian Blackford, der Vorsitzende der Schottischen Nationalisten im Unterhaus, fragte, „welcher Clown“ sich den neuen „Unsinn“ habe einfallen lassen. Wachsamkeit könne nicht die Antwort auf eine unsichtbare Gefahr sein. Der Labour-Abgeordnete Jonathan Ashworth befürchtete, dass viele Bürger „verwirrt“ würden. „In einer Gesundheitskrise wie dieser braucht man von der Regierung absolute Klarheit, was die Empfehlung ist. Es gibt keinen Raum für Nuancen.“ Dem widersprach der Minister für die Kommunen, Robert Jenrick. Die Öffentlichkeit könne eine „umfassendere Botschaft“ sehr wohl verstehen, sagte er in der BBC.

Johnson berichtete auch über die Einführung eines neuen Covid-Warnsystems, das (ähnlich dem Terror-Warnsystem) von der grünen Stufe Eins (keine Gefahr) bis zur roten Stufe Fünf reicht. Zurzeit, sagte Johnson, befinde sich das Land auf Stufe vier – auf dem Weg zu Stufe drei. Dies sei der Geduld und dem „common sense“ der Bürger zu verdanken, die mit der weitgehenden Befolgung der Regierungsanweisungen die Reproduktionsrate unter den Wert von 1 gedrückt habe. Das Großbritannien als erstes Land Europas in der vergangenen Woche die Zahl von 30.000 Toten überschritten hatte, erwähnte Johnson in seiner Ansprache nicht.