Politik

Karlsruher EZB-Urteil: Das Ende einer bürgerfernen, selbstherrlichen EU

• Bookmarks: 43


Deutschland ist einer EU beigetreten, in der die Mitgliedstaaten die Herren der Verträge sind – und jeder Bürger einen Anspruch darauf hat, dass EU-Organe sich im Rahmen der gemeinsam vereinbarten Regeln halten.

Das gab es noch nie in der Geschichte der Europäischen Union. Ein Land verweigert die Gefolgschaft. Das höchste Gericht eines Mitgliedstaates nennt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs „schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar“ – rechtswidrig, weil gleichsam außerhalb der vertraglichen Grundlagen ergangen. Nach zahlreichen „Ja, aber…“-Entscheidungen, in denen an die demokratische Legitimation der EU erinnert wurde, ist das nun das „Nein“.

Es ist aber kein Bruch mit der bisherigen Linie des Bundesverfassungsgerichts. Karlsruhe hätte sich lächerlich gemacht, hätte es ein weiteres Mal gedroht, aber nicht ernst gemacht. Und es sollte auch kein Bruch mit der EU sein. Wenn die EZB sich vertragskonform verhält, ändert sich nichts. Deutschland ist einer EU beigetreten, in der die Mitgliedstaaten die Herren der Verträge sind – und jeder Bürger einen Anspruch darauf hat, dass EU-Organe sich im Rahmen der gemeinsam vereinbarten Regeln halten.

Das Beharren auf dieser Form demokratischer Legitimation der EU, die Leitplanken und Segelanweisungen aus Karlsruhe haben schon Bundesregierung und Bundestag mehrfach auf die Palme gebracht. Man kann und muss über die Rolle des Bundesverfassungsgerichts streiten. Es hat aber – mit im Grundgesetz niedergelegten Kompetenzen – dieses Land und ein Stück auch diese EU geformt. Selbstermächtigungen ohne Kontrolle haben in einem demokratischen Staat, aber auch in einem solchen Staatenverbund nichts verloren.