
Nachdem er drei Tage zuvor behauptet hatte, als Präsident habe er „totale Autorität“, um über die Öffnung der Wirtschaft zu entscheiden, ruderte Donald Trump am Donnerstag zurück. Erst versicherte er in einem Telefonat mit Gouverneuren, dass diese über das weitere Vorgehen zu entscheiden hätten. Dann bekräftigte er das noch einmal bei seiner täglichen Pressekonferenz. Die Regierung in Washington werde den Bundesstaaten zur Seite stehen, doch über die Lockerungen müssten diese sehr unterschiedlichen Staaten, die er alle „liebe“, selbst beraten.
In den Vereinigten Staaten gab es bislang fast 35.000 Tote durch das Coronavirus. Die meisten Bundesstaaten haben weit reichende Beschränkungen des sozialen Lebens erlassen, die Mehrheit schloss ihre Schulen. Und auch, wenn in Städten wie New York die Zahl der Neuaufnahmen in Krankenhäuser in den vergangenen Tagen sank, warnen Fachleute vor einer zu schnellen Lockerung von Kontaktbeschränkungen. Viele Bundesstaaten haben den Höhepunkt der Ansteckungswelle demnach noch vor sich.
Trump wollte am Donnerstag trotzdem wiederholt ein optimistischeres Bild von der Lage zeichnen und behauptete, das Land als Ganzes habe den Höhepunkt der Krise bereits überschritten. „Jetzt, wo wir den Gipfel der neuen Fallzahlen überschritten haben, beginnen wir unser Leben neu“, sagte er. Man könne nunmehr mit einer Wiederbelebung der Wirtschaft beginnen, die aber sicher und strukturiert erfolgen müsse, so der Präsident. Amerika wolle und müsse wieder öffnen. Einige Gouverneure könnten vor dem Monat Mai die Maßnahmen lockern, versicherte Trump. Angesichts von 22 Millionen Anträgen auf Arbeitslosengeld in den vergangenen vier Wochen arbeiten auch die Regierungen der Bundesstaaten an Plänen zur schrittweisen Öffnung. Dabei haben sich im Nordosten, Mittleren Westen und Westen regionale Arbeitsgruppen von Gouverneuren gebildet, die ihr Vorgehen abstimmen wollen. Der New Yorker Gouverneur Andrew Cuomo erklärte zunächst einmal, dass die geltenden Beschränkungen in seinem Bundesstaat bis zum 15. Mai verlängert werden.
Trump plant drei Lockerungsphasen
Trump stellte am Donnerstag auch Richtlinien für die phasenweise Öffnungen von Bildungssystem und Wirtschaft vor. Danach könnten sich die Gouverneure in ihrem eigenen Tempo richten, so der Präsident. Der Plan, den das Weiße Haus veröffentlichte, sieht drei Lockerungsphasen vor. Wenn beispielsweise die Zahl der Neuinfektionen für 14 Tage konstant sinke, dann könnten Restriktionen schrittweise aufgehoben werden. In einer ersten Phase könnten Treffen von Gruppen mit weniger als zehn Teilnehmern wieder akzeptabel sein. Wer kann, sollte weiter von zu Hause aus arbeiten. Kinos, Restaurants und religiöse Einrichtungen könnten jedoch wieder unter strengen Auflagen zur physischen Distanzierung öffnen. Für Fitnessstudios treffe das ebenfalls zu, Bars müssten aber geschlossen bleiben, so das Papier.
In einer zweiten Phase wären Treffen von weniger als 50 Menschen möglich, die Auflagen für Arbeitsplätze würden gelockert, Schulen könnten öffnen und Besuche in Altenheimen wären wieder erlaubt. In beiden Phasen müssten Angehörige von Risikogruppen indessen dazu ermutigt werden, zu Hause zu bleiben. In einer dritten Phase könnten auch sie unter Einhaltung von Vorsichtsmaßnahmen wieder am sozialen Leben teilnehmen. Die Richtlinien fassen das zusammen, was Fachleute schon seit Längerem über eine schrittweise Lockerung der Restriktionen sagen. Sie legen aber keine konkreten Kriterien für den Beginn jeder Phase fest.
Das Problem mit all diesen Empfehlungen bleibt, dass immer noch zu wenige Menschen auf das Coronavirus getestet werden und es nach wie vor keinen in großer Masse produzierten Antikörpertest gibt. Bislang wurden 3,3 Millionen Menschen auf das Virus getestet, 330 Millionen leben in den Vereinigten Staaten. Um Bedingungen für die von Trump skizzierte Öffnung der Wirtschaft festlegen und erfüllen zu können, wäre ein Vielfaches an Tests nötig. Nur dann könnte man angesichts der vielen asymptomatischen Betroffenen wissen, ob die Rate der Neuinfektionen wirklich um den gewünschten Faktor sinkt. Trump behauptete am Donnerstag, man habe bereits jetzt das beste Test-System der Welt, doch andere Länder wie Deutschland und Südkorea testeten gemessen an ihrer Bevölkerungszahl früher in der Krise mehr Menschen.
