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Brasilien: Justizminister wirft Bolsonaro Einflussnahme auf Polizei vor

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Erhob bei seinem Rücktritt schwere Vorwürfe gegen Bolsonaro: Sergio Moro

Der bisherige brasilianische Justizminister Sergio Moro hat sich gegen einen leisen Abgang entschieden. Nachdem sich am Freitagmorgen die Gerüchte des Vorabends um seinen Rücktritt bestätigt hatten, trat Moro vor die Presse und erklärte seine Beweggründe. Ausschlaggebend für den Rücktritt war demnach die Entlassung des Chefs der brasilianischen Bundespolizei, Maurício Valeixo, durch Präsident Jair Bolsonaro. Valeixo war ein Vertrauensmann von Moro, der bei seiner Nominierung von Bolsonaro die Zusage erhalten hatte, freie Hand bei der Besetzung der Bundespolizei und anderer Institutionen zu haben. Moro sagte, er habe die Entlassung von Valeixo nicht unterschrieben. Zudem warf er Bolsonaro vor, auf die Bundespolizei Einfluss nehmen und an geheime Informationen über Ermittlungen gelangen zu wollen. Es gebe keine Bedingungen mehr, um im Amt zu bleiben, sagte Moro.

Es stellt sich die Frage, warum Bolsonaro mitten in der Corona-Krise und nur eine Woche nach der Entlassung seines Gesundheitsministers den populären Justizminister ziehen lässt, um einen Wechsel an der Spitze der Bundespolizei durchzusetzen. Eine mögliche Erklärung, auf die auch die Äußerungen Moros hindeuten, sehen einige Beobachter in den Ermittlungen der Bundespolizei, die unter anderem Bolsonaros Söhne im Visier haben. Laut Moro habe sich der Präsident besorgt über Ermittlungen gezeigt, die die Verbreitung von Fake News gegen das Oberste Gericht und den Kongress sowie die Förderung antidemokratischer Proteste zu Gunsten einer Militärintervention untersucht.

Die Ermittlungen richten sich unter anderem gegen Carlos Bolsonaro, einen der Söhne des Präsidenten. Carlos Bolsonaro soll eine Gruppe anführen, die Diffamierungskampagnen in den sozialen Medien organisiert. Die Gruppe wird als „Kabinett des Hasses“ bezeichnet. Offenbar stand die Bundespolizei kurz vor der Verhaftung von Carlos Bolsonaro. Auch Bolsonaros ältester Sohn Flávio steht im Visier der Justiz. Ihm werden illegale Geschäfte, Veruntreuung sowie Verbindungen zu den als „Milizen“ bekannten kriminellen Organisationen in Rio de Janeiro nachgesagt. Da Flávio Bolsonaro Senator ist, liegen die Ermittlungen auf Eis.

Moro galt als Brückenbauer zum politischen Zentrum

Ein Untersuchungsausschuss des Kongresses, der die Verbreitung von Fake News untersucht, will Moro nun anhören. Derweil sehen Richter des Obersten Gerichts in den Aussagen von Moro mehrere Gesetzesverletzungen und Kompetenzüberschreitungen durch Bolsonaro. Die brasilianische Anwaltsvereinigung (OAB) will einen Bericht ausarbeiten, um mögliche Vergehen seitens des Präsidenten zu prüfen, die eine solide Grundlage für ein Absetzungsverfahren bilden könnten.