Gesellschaft

Italienische Krankenschwester: Sie hat das Lachen nicht verlernt

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Elena Pagliarini: Völlig erschöpft schlief sie mit Mundschutz, Haarnetz und Schutzanzug am Arbeitsplatz ein.

Das mit dem Berühmtwerden hatte sich Elena Pagliarini anders vorgestellt. Nämlich als Siegerin der rasend populären Koch-Show „La prova del cuoca“ beim Fernsehsender Rai 1. Das jedenfalls hat sie in Gesprächen mit mehreren italienischen Zeitungen vom Freitag gestanden. Doch um ihr potentiell siegreiches Gericht (Kartoffel-Gnocchi) zuzubereiten, wäre „noch einiges Training nötig“, gab sie zu: „Und zuallererst müsste ich mir einen Kartoffelstampfer kaufen.“

Elena Pagliarini hat das Lachen nicht verlernt. Es geht ihr jetzt auch wieder besser. Bekannt wurde die Krankenschwester in ganz Italien und über die Landesgrenzen hinaus durch ein Foto, das ihre Kollegin im Krankenhaus von Cremona, die Ärztin Francesca Mangiatordi, von ihr aufgenommen und auf Facebook verbreitet hatte. Die Aufnahme zeigt Elena Pagliarini schlafend. Ihr Kopf liegt auf dem Schreibtisch vor einer Tastatur. Den Mundschutz, das Haarnetz und den Schutzanzug hat sie nicht einmal ablegen können, ehe sie erschöpft nach einer langen Schicht einfach zusammengesunken ist.

Das Foto entstand am 8. März, dem Weltfrauentag, nach der Nachtschicht um sechs Uhr früh. Zwei Tage später wurde Elena Pagliarini positiv auf das Coronavirus getestet. Sie hatte sich ganz offensichtlich beim Versorgen von Covid-19-Patienten selbst mit dem Virus infiziert. So wie insgesamt mehr als 10.000 Ärzte, Pfleger und andere Mitarbeiter im italienischen Gesundheitswesen. Bis Freitag starben nach italienischen Medienberichten 68 Ärzte – ganz überwiegend Männer –, 23 Pfleger und Schwestern sowie Dutzende Sanitäter und Notarztwagenfahrer an der durch das Coronavirus verursachten Lungenkrankheit.

Geschmackssinn noch nicht zurückgekehrt

Elena Pagliarini gesteht, dass sie nach dem positiven Test Todesangst hatte. „Ich habe gleich meine Tasche fürs Krankenhaus gepackt. Ich hatte Angst, intubiert werden zu müssen, konnte keinen klaren Gedanken fassen. Die meisten Leute hatten seinerzeit noch keine Ahnung, aber ich wusste, was es mit dieser Krankheit auf sich hat.“ Doch Elena Pagliarini konnte bald wieder nach Hause gehen. Seit dem 13. März kuriert sie die Krankheit in der „häuslichen Isolation“ aus, wie diese Art von Alleinsein mit dem Virus offiziell heißt. „Es ging mir schlecht“, erzählt sie, „aber jetzt bin ich darüber hinweg.“

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Der Geruchs- und Geschmackssinn seien noch nicht zurückgekehrt, berichtet sie. „Die Quarantäne ist eine Last. Ich habe viel gelesen. Und alle Schränke umgeräumt.“ Einen ersten negativen Test hat sie schon erfolgreich absolviert. Erst nach zwei aufeinanderfolgenden Tests mit negativem Ergebnis gilt die Covid-19-Erkrankung als vollständig ausgeheilt. „Ich kann es kaum erwarten, wieder zur Arbeit zu gehen“, sagt sie. Dass sie nicht als Siegerin einer Koch-Show im Fernsehen berühmt wurde, sondern durch ein Foto, findet die Krankenschwester inzwischen in Ordnung: „Vor der Epidemie hatten die Leute keine hohe Meinung vom medizinischen Personal, von Ärzten und Pflegern, von allen Mitarbeitern in Kliniken. Nach der Geschichte mit dem Coronavirus hat das Land verstanden, wie wichtig wir sind. Nun bin ich zum Symbol geworden. Wenn es das gebraucht hat, dann soll es so sein. Schließlich wird nicht jeder berühmt.“

Am Freitag titelte die Zeitung „La Repubblica“, unter den Porträts von drei Ärzten und Pflegern mit Schutzanzug, Atemschutz und Brille: „Die neuen Helden.“ Darunter stand: „Wenn wir gewinnen, dann haben wir es ihnen zu verdanken. Zehntausend haben sich angesteckt. Ohne Schutzanzüge haben sie sich geopfert, um tausende Menschen zu retten.“