Medizin

Kliniken für Reproduktionsmedizin: Natürliche Selektion

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Jede kleinste Finanzkrise deckt bereits vorhandene Branchenprobleme auf.
Reproduktionsmedizin ist keine Ausnahme

Wenn früher kleine Kliniken und Agenturen am seidenen Faden hingen, so reißt dieser Faden jetzt. Es kommt zu Vertragsverstößen und Vereinbarungsverletzungen, beklagen sich Patienten. Die Behandlungsprogramme werden abrupt beendet, ohne jede Zusage, das Behandlungsprogramm später fortzusetzen oder Zahlungen zurückzuerstatten. Es mangelt an einer soliden Finanzgrundlage, um Kosten für Ärzte, für Forschungen oder einfach für die Biomaterialien-Aufbewahrung zu tragen. Denn auch die Laboranten müssen ihr Gehalt bekommen. Hinzu kommen Betriebs -und Miete-Kosten. Man kann aber niemandem die Schuld dafür zuweisen: kleinere Kliniken und Vermittler schaffen das einfach nicht.

“…Guten Tag. Wir sind Patienten der Klinik….”(ohne Namensnennung aus Gründen der Diskretion.) Unser Vertrag ist einseitig gekündigt worden. In der Klinik sind unsere Embryonen geblieben, wir können diese nicht nutzen, wir wissen halt nicht, ob sie noch lebensfähig sind..”…- das ist bereits der dritte Anruf dieser Art diese Woche in unserem Beratungszentrum. Die ersten zwei kamen von den Leihmüttern mit ihren Beschwerden über die Zahlungsverzüge in einigen kleineren Kiewer Kliniken (auch hier werden aus rechtlichen Gründen noch keine Namen genannt). Die kleineren IVF-Kliniken sowie Vermittler auf dem Repromarkt sind jetzt in der Panik: aufgrund der Pandemie und Quarantäne-Maßnahmen sind keine Einkünfte in Sicht…

Finanzsicherheit

Momentan erleben absolut alle Kinderwunschzentren die Krise. Neue Verträge werden nur sporadisch unterschrieben, oder gar nicht. Die einzige Einnahmequelle sind Zahlungen für laufende Behandlungsprogramme. Aber diese sind zu knapp, als dass sie die gesamten Ausgaben decken könnten. Wenn Behandlungen ausfallen, arbeiten die Kliniken und Vermittler vergebens. Für den Fortbestand ist die finanzielle und materielle Basis essentiell.. Wenn die Klinik jung und klein ist, hat sie keine Ressourcen, um die Krise durchzustehen.

Unter Ressourcen versteht man in erster Linie Eigentum. Wenn die Klinik eigene Flächen und Gebäude besitzt, erlauben diese Vermögenswerte, länger mit knappen Einnahmen zu arbeiten. Dies betrifft die Gebäude,Räumlichkeiten, weil nicht alle über die Einstellungen von Mietzahlungen vereinbart haben. Erwähnenswert ist, dass einige große Branchen zur Energieautonomie übergegangen sind: mit geothermaler Heizung,Solarwärme, Wärmepumpen. Die Einsparung hoher Energiekosten kann die enormen Betriebskosten senken, die eine gravierende Rolle für Schließung vieler Firmen spielt.

Der zweite Faktor sind Kapitalreserven. Wenn die Klinik lange existiert, kann sie in der Regel auf gute Rücklagen bauen, die nun den notwendigen Rückhalt bieten. Einen schnellen, hohen Umsatz erzielt man, indem man spart und ein Bankkonto anlegt und dann das Geld auf das eigene Konto einzahlt. Wenn du verdient hast, dann kannst du einzahlen. Im Moment der Anfangsphase der Pandemie und der Krise waren viele medizinische Zentren in der Phase der Investitionen. Doch nun wird es keine Umsätze und keine Rendite geben, die das Startkapital refinanzieren könnten . Deshalb werden nun Gehälter reduziert und Spezialisten werden abwandern.. Und die begonnenen Programmen werden eingestellt.
Den Erhalt der Arbeitsplätze können sich nur große Unternehmen leisten, denn sie sind im Stande, den Ärzten und dem Personal Gehälter weiterzuzahlen und ihnen eine wirtschaftliche Basis zu garantieren.

Wie können in der Krise “Baby”-Unternehmen – kleine oder neue Kliniken oder Vermittler überleben?

Die Antwort ist naheliegend: Sie werden sich umstellen müssen, weil sie Ihre Verpflichtungen gegenüber Patienten nicht einhalten können. Denn Reproduktionsmedizin ist kompliziert, aufwändig und deshalb einfach sehr teuer. Um nicht komplett aus dem Markt zu verschwinden, werden solche Unternehmen aus dem Mangel heraus höchstens als Dienstleister für große Unternehmen noch existieren können-wie kleine Putzerfische, die sich an großen Raubfischen im Meer festsaugen. Vorstellbar ist, dass die Klein-Unternehmen und ihre Vermittler nur noch Nischen in den Großunternehmen der Branche einnehmen, wo sie am meisten gebraucht werden. Das sind der Lieferungsservice, technische Begleitung sowie die Werbung.Zu erwarten sind Fusionen und Übernahmen: Kleinanbieter werden so zu Tochterunternehmen der Branchenführer, um wenigstens einen Teil ihrer Positionen und ihrer Mittel zu retten. Diejenige, die zu stolz dafür sind und gegen alle Vernunft am Rande der Legalität weitermachen, indem Sie die Patienten und Leihmütter an der Nase herumführen, müssen mit Konsequenzen rechnen: Juristen und Strafrechtler werden sich letztlich mit Beschwerden von betrogenen Wunscheltern, Leihmüttern und anderer Personen befassen müssen..