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Exit-Strategie notwendig: Der Preis des Kampfs gegen die Corona-Pandemie

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Gesperrt: Es lässt sich bisher noch nicht abschätzen, wie lange die Bürger die verordnete Isolation aushalten, bevor die Stimmung kippt

Die Hessen – wie die Bürger der übrigen Bundesländer – haben Einsicht bewiesen, und sie werden damit belohnt, dass es vorerst kein generelles Ausgangsverbot gibt. So könnte man die Botschaft der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten verstehen, die Menschen immerhin noch paarweise vor die Tür zu lassen.

Tatsächlich war in den vergangenen Tagen zu erkennen, dass immer mehr Bürger die Abstandsregeln beachteten. Fast jeder, der sein Haus verließ, konnte aber bis zuletzt auch von Fällen berichten, in denen die Regeln gröblich missachtet wurden. Dass der Anteil der Vernünftigen hoch genug ist, um die Verbreitung des Coronavirus zumindest stark zu verlangsamen, bleibt fraglich. Die verfügbaren Ordnungskräfte werden nicht ausreichen, um das zu ändern. Hier ist die Zivilcourage jedes einzelnen gefragt.

Zweifel an Hilfe für kleine Betriebe

Zugleich wird von Tag zu Tag immer deutlicher, wie hoch der Preis sein wird, den der Kampf gegen die Pandemie fordert. Das gilt zunächst einmal in ökonomischer Hinsicht. Vielen großen und mittleren Unternehmen, die über Rücklagen verfügen, mag mit den staatlichen Programmen geholfen werden können, aber dass die finanzielle Hilfe viele Solo-Selbständige und Kleinunternehmer rechtzeitig erreicht, ist zweifelhaft.

Die drohende schwere Rezession setzt sich aus lauter Einzelschicksalen zusammen. Man kann nur ahnen, wie viele Restaurantbetreiber, Ladenbesitzer, Künstler und Agentur-Inhaber derzeit nachts nicht in den Schlaf finden. Ihre Eltern, Partner, Kinder und Freunde leiden mit ihnen.

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Überhaupt lässt sich bisher noch nicht abschätzen, wie lange die Bürger die verordnete Isolation aushalten, bevor die Stimmung kippt. Das gilt nicht nur für Familien mit mehreren Kindern, die in kleinen Wohnungen leben. Und für Senioren, die keinen Besuch mehr bekommen. Fast alle kontaktfreudigen Menschen melden schon nach der ersten Wochen erste Anzeichen von Lagerkoller.

Es ist die vordringliche Aufgabe der Politik, parallel zur aktuellen Akutbehandlung der Krise eine Exit-Strategie zu entwickeln und – genauso wichtig – diese klug zu vermitteln und zwar möglichst bald. Wenn nicht die Aussicht besteht, dass bis zum Ende der Osterferien für die breite Mehrheit wieder halbwegs Normalität einkehrt, dann drohen schwere gesellschaftliche Verwerfungen.

Man muss und darf hoffen, dass sich die Verantwortlichen in Wiesbaden und Berlin entsprechende Gedanken machen.