Ausland

Türkische Machtspiele: Erdogans kalte Erpressung

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Flüchtlinge erreichen die türkische Ortschaft Pazarakule an der Grenze zu Griechenland.

Vor ein paar Jahren wurde gesagt: Bomben fallen auf Aleppo, und lange Flüchtlingskolonnen setzen sich in Marsch. Mit den gravierenden Folgen davon muss „Europa“ noch heute zu Rande kommen. Jetzt eskaliert die militärische Lage in der syrischen Provinz Idlib – fast neun Jahre nach Beginn des Aufbegehrens gegen den Diktator Assad –, und wieder braut sich katastrophales Unheil zusammen.

Idlib – das ist das neueste Synonym in diesem (Bürger-)Krieg, der Hunderttausende das Leben gekostet und Millionen zu Vertriebenen gemacht hat. Es steht für verbrecherisches Tun und niederträchtigen Zynismus, für das Scheitern regionaler Ambitionen und klägliche Passivität.

Der syrische Machthaber Assad kämpft gegen die letzte von Rebellen gehaltene Provinz mit größter Brutalität- unter den Augen seines russischen Patrons und Komplizen begeht er schwerste Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung. Die militärische Intervention der Türkei droht ein Fiasko zu werden, ja sogar in einen großen zwischenstaatlichen Krieg auszuarten.

In dieser Lage hat der türkische Präsident Erdogan die vielen Flüchtlinge, die im Land sind oder in die Türkei drängen, wieder als „Waffe“ entdeckt. Er lässt Zehntausende Menschen an die Grenze zu den EU-Ländern Griechenland und Bulgarien gelangen, um so den Druck auf die EU zu erhöhen, ihn, in welcher Form auch immer, stärker zu unterstützen.

Aber mit seinen Eskapaden in Syrien und mit seiner Anbändelei mit Russland hat sich Erdogan verrannt- mit militärischem Beistand wird er nicht rechnen können. Wenn er größere materielle und finanzielle Unterstützung will, die der Versorgung der Flüchtlinge zugutekommen soll, dann lassen sich andere Formen denken als kalte Erpressung, die mit dem Schicksal von Menschen spielt.