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Nach Mitgliederbefragung: Roth sieht SPD vor Zerreißprobe

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Dritte: Christina Kampmann und Michael Roth

Im Kampf um den SPD-Parteivorsitz ist der nordhessische Bundestagsabgeordnete Michael Roth mit seiner Partnerin ausgeschieden. Nun fürchtet er eine Zuspitzung – und appelliert an die beiden verbliebenen Bewerber-Teams.

Der nordhessische Bundestagsabgeordnete und Staatsminister für Europa, Michael Roth, sieht die SPD bei der anstehenden Stichwahl um den Parteivorsitz vor einer Zerreißprobe. „Wir dürfen uns nicht weiter zerstreiten“, mahnt der im Rennen um die Parteiführung ausgeschiedene Sozialdemokrat. Bei der Stichwahl drohe eine gefährliche Zuspitzung: Im zweiten Wahlgang treten Bundesfinanzminister Olaf Scholz und die Brandenburgerin Klara Geywitz gegen Nordrhein-Westfalens früheren Finanzminister Norbert Walter-Borjans und die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken aus Baden-Württemberg an. Das Team Walter-Borjans/Esken wird von den Jungsozialisten unterstützt und steht der großen Koalition in Berlin kritisch gegenüber. Scholz und Geywitz hingegen wollen das Bündnis mit der CDU/CSU auf Bundesebene fortsetzen. „Probleme kann man am besten in der Regierung lösen“, lautet ihr Motto.

„Wir haben jetzt wieder eine stark polarisierende Aufstellung“, sagt Roth. Er hoffe daher, dass der Streit um die Regierungsbeteiligung in Berlin nicht auf die Spitze getrieben werde. „Die beiden verbleibenden Bewerberteams müssen jetzt ihrer Verantwortung gerecht werden, den Laden zusammenzuhalten“, sagte Roth dieser Zeitung. Nur wenn das gelinge, werde sich die Mitgliederbefragung zum Parteivorsitz als Erfolg erweisen. Einen klaren Favoriten im Rennen um den Parteivorsitz sieht Roth bei der entstandenen Konstellation nicht, und zu seiner persönlichen Präferenz will er sich nicht äußern. Nachdem er in den vergangenen Wochen mehrfach sein Unverständnis über Wahlempfehlungen einzelner Parteigremien geäußert habe, wolle er mit gutem Beispiel vorangehen und Zurückhaltung üben.

Letztlich wählt der Parteitag

Roth hatte sich gemeinsam mit der früheren nordrhein-westfälischen Familienministerin Christina Kampmann um den SPD-Vorsitz beworben. Die beiden kamen beim Mitgliederentscheid, dessen Ergebnis am Samstagabend veröffentlicht wurde, auf den dritten Platz. Sie erhielten 16,3 Prozent der Stimmen, während Scholz/Geywitz auf 22,7 Prozent und Walter-Borjans/Esken auf 21 Prozent kamen. Das erst- und zweitplatzierte Team treten in einer Stichwahl bei einer zweiten SPD-Mitgliederbefragung an. Das Ergebnis soll am 30. November vorliegen. Förmlich gewählt wird die Doppelspitze auf einem Bundesparteitag von 6. bis 8. Dezember.

Dass es für ihn und Kampmann nicht für die Stichwahl gereicht habe, sei eine Enttäuschung, sagte Roth. „Wir hatten uns ernsthaft Chancen ausgerechnet.“ Er habe aber den Eindruck, dass das Team Kampmann/Roth den 23SPD-Regionalkonferenzen, bei denen sich die Kandidaten der Basis vorgestellt hatten, in Inhalt und Stil einen Stempel aufgedrückt habe.

Der 49 Jahre alte Roth und die zehn Jahre jüngere Kampmann waren das jüngste Team und die ersten, die ins Rennen um den Parteivorsitz gingen. Sie präsentierten ein Programm für eine Parteireform, versprachen, der SPD wieder mehr Zuversicht zu geben, und warnten davor, sich auf eine Rolle in der Opposition festzulegen. Bei ihren Auftritten gaben Roth und Kampmann sich betont jugendlich und locker, was von vielen Zuhörern als Alleinstellungsmerkmal und erfrischend, von manchen aber auch als einstudiert empfunden wurde.