Inland

Innenausschuss nach Halle: Selbst die Opposition lobt die Einsatzkräfte

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Polizisten sichern den Bereich am jüdischen Friedhof in Halle am 9. Oktober 2019.

Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht gelingt es mit einer minutiösen Rekonstruktion die Polizei in Schutz zu nehmen – sogar die Opposition lobt die Einsatzkräfte. Kritisiert wird das Bundeskriminalamt.

Der Vorwurf gegen die Polizei, sie habe nach dem rechtsterroristischen Angriff auf die Hallenser Synagoge zu langsam reagiert, scheint entkräftet. Nach einer detaillierten Befragung von Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) in Magdeburg kam am Montag selbst die oppositionelle Linken-Innenpolitikerin Henriette Quade zu dem Schluss, dass die Polizei „relativ zügig“ gehandelt habe. Auch der Grünen-Innenpolitiker Sebastian Striegel äußerte, er könne „keine grundsätzlichen Fehler“ bei der Bewältigung der Lage durch die Polizei erkennen.

Stahlknecht hatte zuvor gemeinsam mit Christiane Bergmann, die im Innenministerium für Sicherheitsfragen zuständig ist, eine minutiöse Rekonstruktion der Ereignisse präsentiert. Demnach begann der Angriff auf die Synagoge am Mittwoch um 12:01 Uhr. Die ersten Notrufe gingen bei der Rettungsleitstelle um 12:03 Uhr ein, bei der Polizei um 12:04 Uhr. Um 12:06 Uhr wurden der Einsatz angeordnet. Der erste Streifenwagen traf um 12:11 Uhr ein, also fünf Minuten nach seiner Alarmierung. Der zweite Wagen kam eine Minute später. Der Angreifer Stephan B. hatte den Bereich vor der Synagoge allerdings schon um 12:08 Uhr verlassen und sich in Richtung des zweiten Tatorts, eines Döner-Imbisses, begeben. Um 12:10 Uhr rief die Polizei eine Großlage aus. Alle Kräfte wurden mobilisiert und die Einsatzführung auf den Behördenleiter übertragen.

Über Schüsse bei dem Döner-Imbiss wurde die Polizei zuerst um 12:15 Uhr informiert, wo sich Stephan B. seit 12:09 Uhr befand. Der Anrufer befand sich allerdings seit 12:12 wegen der vielen eingehenden Notrufe in einer Warteschleife. Die Straße vor dem Döner wurde fast zeitgleich, um 12:15 Uhr, von einem Streifenwagen blockiert. Unmittelbar danach schoss der Attentäter auf die Beamten, die das Feuer erwiderten und ihn mit einer Maschinenpistole MP 5 leicht am Hals verletzten. Parallel wurden Spezialkräfte des Bundes und der Länder angefordert.

Nach dem Schusswechsel begab sich Stephan B. trotz eines plattgeschossenen Reifens mit seinem Fahrzeug auf die Flucht. Polizeiwagen verfolgten ihn, verloren ihn aber aus den Augen. Auf seiner Flucht fuhr der Angreifer um 12:19 Uhr auch noch einmal an der Synagoge vorbei, wo sich die Beamten gerade ihre schusssicheren Westen anlegten. Um 12:20 Uhr konnte die Mietwagenfirma des Täterfahrzeugs ermittelt werden. Dadurch wurden Name und Handynummer des Täters bekannt. Die Überwachung des Mobiltelefons wurde sofort angeordnet.

Schwierigster Einsatz seit Landesgründung

Die ersten Notrufe aus Wiedersdorf, wo der Täter zwei Menschen schwer verletzt und ein Taxi erbeutet hatte, gingen um 13 Uhr ein. Um 13:08 Uhr traf dort die Polizei ein. Um 13:16 Uhr erkannte ein Streifenwagen das Taxi im auf der Autobahn im Gegenverkehr. Bei der Verfolgung hatten die Polizeikräfte Sichtkontakt, verloren ihn jedoch vor dem Autobahnkreuz Rippachtal. Um 13:32 Uhr wurde der Täter von einem Streifenwagen aus dem Burgenlandkreis bei Hohenmölsen gemeldet, nachdem er dort einen Verkehrsteilnehmer gerammt hatte. In einer einspurigen Baustelle auf der Bundesstraße 91 kollidierte der Täter dann kurz darauf mit einem Lastwagen. Unmittelbar danach wurde Stephan B. um 13:35 Uhr von den beiden Beamten des Bezirkskommissariats Zeitz, die zuerst vor Ort waren, festgenommen.