Leib & Seele

Der Moment …: … in dem man unbedingt ein paar Cent sparen will

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Auf den größeren Kaffee verzichten oder das Extra-Topping weglassen, um zu sparen – bringt das auf lange Sicht überhaupt etwas?

Warum macht man für einen Urlaub mehrere hundert Euro locker, aber wählt beim Cappuccino die kleinste Größe, um 30 Cent zu sparen? Unsere Autorin stellt in der Kolumne „Der Moment“ ihre Sparstrategien auf den Prüfstand.

Ich sitze im Schatten auf der Terrasse eines Restaurants auf der griechischen Insel Naxos und blicke auf die Speisekarte. Eine umfassende Auswahl an Feta und lokalen Käse-Sorten springt mir entgegen- frittiert, gebraten mit Knoblauch und Tomaten, im Pfännchen mit Peperoni serviert, oder kalt mit Olivenöl – klingt alles gut. Preislich liegen alle zwischen vier und sechs Euro, das ist nun wirklich nicht teuer. Einen Käse will ich auf jeden Fall essen, nur welchen? Die Bedienung kommt, und ich nehme den Olivenöl-Feta. Nicht, weil ich besonders Lust darauf hatte, sondern weil er mit genau vier Euro das günstigste Käse-Gericht auf der Karte ist.

Nachdem der Kellner weg ist, frage ich mich: Wieso eigentlich? Den Käse mit Peperoni hätte ich eigentlich viel lieber gegessen – er hätte aber 90 Cent mehr gekostet. Es ist nicht so, dass ich als Noch-Studentin ein prall gefülltes Konto habe. Im Vergleich zu vielen anderen Menschen in Deutschland – und überall auf der Welt – geht es mir aber sehr gut. So gut, dass ich es mir leisten kann, in den Urlaub zu fahren, und zwar nicht einfach in den Schwarzwald. Das einwöchige Strandvergnügen in Griechenland hat mich mehrere hundert Euro gekostet. Ich bin dankbar dafür, dass ich das überhaupt bezahlen kann. Warum dann wegen ein, zwei Euro knausern?

Auch im Alltag nimmt meine Sparsamkeit absurde Züge an. Der Latte Macchiato kostet 2,90 Euro, der Cappuccino nur 2,60 Euro? Dann nehme ich so entschieden den Cappuccino, als würde alles andere ein folgenschweres Loch in mein Monatsbudget reißen. Eine Kugel Karamell mit gesalzenen Macadamia-Nüssen kostet 1,50 Euro statt wie alle anderen 1,30 Euro? Dann überlege ich zweimal, ob sich das wirklich lohnt – und wähle so gut wie immer die Eissorten zum Standardpreis.

Spare ich wirklich Geld?

Diese Pfennigfuchserei kann bei mir schnell in Frustration umschlagen, dann, wenn die günstigere Version nicht mehr verfügbar ist. Das Museumsticket für unter 25 Jahre alte Menschen kostet 20 Prozent weniger, und ich merke es erst nach dem Kauf der normalen Eintrittskarte. Der Fünf-Prozent-Rabattcode auf das Shampoo der Hausmarke ist gestern abgelaufen. Die Schuhe, die jetzt endlich ein paar Euro günstiger sind als zu Beginn der Saison, gibt es nicht mehr in meiner Größe.

Psychologen sprechen bei diesem Dilemma vom sogenannten „Ankereffekt“. Kostet eine Jacke 200 Euro, kommen dem Käufer 20 Euro für ein zusätzliches T-Shirt, das ihm vom Verkäufer angedreht wird, nicht mehr viel vor. Kostet die Jacke von vornherein nur 30 Euro, wird derjenige nicht unbedingt gewillt sein, die 20 Euro noch draufzulegen. Der „Anker“ ist hier der Jackenpreis und daran klammert sich unsere Wahrnehmung fest. 30 Cent mehr für den Latte Macchiato scheinen viel – wenn der Anker-Cappuccino 2,60 Euro kostet.

Wenn ich darüber nachdenke und die drei Cappuccino und zwei Eiskugeln der vergangenen Woche zusammenrechne, dann habe ich 1,30 Euro gespart. Hat sich das gelohnt? Ich dachte lange, ich spare so wirklich Geld und nicht nur das bisschen Lebensglück, das mir das Extra-Topping auf dem Eis, der Kaffee mit mehr Milchschaum oder die Peperoni auf dem Käse beschert. Natürlich kann es sinnvoll sein, auf manche Dinge zu verzichten. Aber größere finanzielle Entscheidungen – etwa, ob und wohin ich in den Urlaub fahre – machen über den längeren Zeitraum betrachtet den wirklichen Unterschied. Was also will ich in Zukunft tun? Im Zweifelsfall: Durchatmen, das „teure“ Karamelleis und den Peperoni-Käse nehmen – und dafür lieber in den Schwarzwald fahren.