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Pharma- und Chemiebranche: Merck setzt auf Halbleiter

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Kann sich über großen Gewinn freuen: Merck legt deutlich zu.

Der Darmstädter Konzern hat den Gewinn im zweiten Quartal deutlich gesteigert. Probleme bereitet weiterhin die Spezialchemiesparte. Dort soll zunehmend die Halbleiterbranche im Fokus stehen – die schwächelt aber selbst.

Zu Beginn der Telefonkonferenz hat Mercks Vorstandschef Stefan Oschmann nur gute Nachrichten parat: Der Darmstädter Pharma- und Spezialchemiekonzern hat Umsatz und Gewinn gesteigert, das operative Ergebnis (Ebitda) vor Sondereinflüssen wuchs gar um knapp ein Viertel auf 1,1 Milliarden Euro.

Die Einnahmen stiegen im Zeitraum April bis Juni um rund 7 Prozent auf 4 Milliarden Euro. „Die wichtigste Botschaft ist: Merck ist im zweiten Quartal deutlich gewachsen. Wir sind auf gutem Weg, unsere Ziele für das Jahr 2019 zu erreichen“, sagte Oschmann denn auch. Die Anleger freuten sich über die guten Kennzahlen. Der Kurs legte in der Spitze um 2,5 Prozent zu.

Getragen wurden die guten Zahlen jedoch insbesondere von der Pharma-, sowie der Laborausrüstungssparte – schwächer lief es weiterhin im Geschäft mit der Spezialchemie. Deren Spartenumsatz konnte nur durch Währungseffekte auf ein positives Vorzeichen gehievt werden. Zwischen April und Juni setzte Merck dort 589 Millionen Euro um, was 0,4 Prozent mehr war als im Vorjahr. Der Betriebsgewinn der Sparte blieb jedoch hinter dem Vorjahreswert zurück.

Druck durch asiatische Konkurrenz

Merck leidet seit längerem unter einer erstarkenden asiatischen Konkurrenz im Geschäft mit Flüssigkristallen für Displays, die den Preisdruck erhöhen. Zwar profitiert der Konzern in China weiterhin von Displayherstellern, die Produktionskapazitäten aufbauen, allerdings sei die Tendenz wie schon in den Vorquartalen rückläufig, hieß es am Donnerstag. „Gut lief vor allem das Geschäft mit Oled-Materialen“, sagte Oschmann.

Künftig will Merck den Fokus deshalb noch stärker auf die Belieferung der Elektronikindustrie mit Halbleitermaterialien setzen. Dafür hatte der Dax-Konzern vor ein paar Monaten gleich zwei Zukäufe angekündigt – darunter die Akquisition von Versum Materials für knapp 6 Milliarden Euro. Die Zustimmung der Versum-Führung hatte sich Merck mit einem aufpolierten Angebot nach einem Bieterwettkampf gegen Entegris gesichert.

Den Abschluss des Versum-Zukaufs als auch der zweiten, deutlich kleineren Akquisition von Intermolecular erwartet Oschmann noch im zweiten Halbjahr. Dass ausgerechnet die Halbleiterbranche derzeit mit Blick auf eine schwache Marktkonjunktur schwächelt, sieht Vorstandschef Oschmann zwar negativ in den Umsatzzahlen – gingen die Einnahmen im Geschäft mit Materialien für Halbleiter doch auf 146 Millionen Euro zurück – perspektivisch bleibt er jedoch optimistisch.

Nicht vom Handelskrieg betroffen

„Wir sind vom langfristigen Erfolg überzeugt“, betonte er. Die derzeitige Entwicklung sei durch den Handelskonflikt zwischen China und Amerika noch nicht stark beeinflusst, sagte er. Und weiter: „Es sind eher Faktoren, die sich innerhalb der Industrie abgespielt haben, wie Überkapazitäten und Preisdruck.“

Analysten beobachteten den Markt sehr genau und prognostizierten für die zweite Jahreshälfte 2019 oder spätestens das erste Halbjahr 2020 eine Erholung. „Das Datenvolumen steigt exponentiell, die Geschwindigkeit wird ausgebaut – da braucht es neue Materialien und Technologien“, sagte er. Der Trend gehe dort immer stärker in Richtung der Chemie.

Auch Merck selbst ist vom Handelskonflikt bisher nicht betroffen. „Wir sind zum Beispiel kein direkter Zulieferer von Huawei. Gleichzeitig macht uns das natürlich Sorgen“, betonte Oschmann. Auch der Konflikt zwischen Japan und Südkorea, bei dem Japan die Belieferung südkoreanischer Unternehmen mit Hightech-Gütern beschränkt hat, werde genau beobachtet.

Meilensteinzahlungen wirken sich positiv aus

Ein europäisches Unternehmen könnte in dem Fall sogar einen Vorteil haben, da es von Lieferstopps nicht betroffen wäre, sagte er. Künftig könnte der Blick auf die eigenen Lieferketten noch relevanter werden, kündigte Oschmann an. „Es könnte sein, dass wir uns mehr auf die großen Herstellerregionen ausrichten müssen.“

In der Pharmasparte profitierte Merck im abgelaufenen Quartal neben besseren Verkäufen neuer Arzneien wie Mavenclad gegen Multiple Sklerose und dem Krebspräparat Bavencio insbesondere auch von Meilensteinzahlungen anderer Pharmaunternehmen. Die werden bei Erreichen bestimmter Entwicklungsschritte verpartnerter Medikamente gezahlt.

So überwies beispielsweise der amerikanische Konzern Pfizer allein 35 Millionen Euro, da Bavencio in Kombination mit einem anderen Präparat in Amerika die Zulassung gegen Nierenkrebs erhalten hatte. Der Spartenumsatz stieg auf 1,7 Milliarden Euro nach 1,6 Milliarden im Vorjahr. Der bereinigte Betriebsgewinn (Ebitda) der Pharmasparte stieg um knapp 40 Prozent auf 528 Millionen Euro.

Das Geschäft mit der Laborausrüstung, das Merck vor einigen Jahren durch den milliardenschweren Zukauf von Sigma-Aldrich gestärkt hatte, legte am deutlichsten zu. Die Einnahmen stiegen um rund 10 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro, der bereinigte operative Spartengewinn (Ebitda) lag bei 533 Millionen Euro, ein Plus von 18 Prozent. Das entsprach einer Marge von rund 31 Prozent.