
Der Künstler Andora hat ein bewegtes Leben hinter sich. Er hat Formel-1-Wagen bemalt, eine Rakete für die russische Raumfahrt und sich sogar zum Kosmonauten ausbilden lassen. Was ihm zu seinem Glück noch fehlt, beantwortet er im Fragebogen.
Er war gerade 22, als er 1980 aus der DDR ausgebürgert wurde. Der gebürtige Ost-Berliner Andreas Hoge musste sich neu erfinden und wurde, angeregt durch die „Neuen Wilden“ in West-Berlin um Rainer Fetting und Salomé, zum Künstler Andora. Er bemalte Schuhe und Formel-1-Wagen und schließlich 1992 auch eine Rakete für die russische Raumfahrt, die ins Weltall geschossen wurde. Doch nicht nur um Kunst im Universum ging es ihm. Der Einundsechzigjährige war auch von der politikfreien Zone im Kosmos fasziniert. Er ließ sich zum Kosmonauten ausbilden und versteht sich als Botschafter für eine bessere Welt.
Was essen Sie zum Frühstück?
Das kommt darauf an, wo ich gerade bin und worauf ich Lust habe. Die vergangenen Monate war ich in Wien und jeden Morgen auf dem Naschmarkt. Zwei Kaffee trinke ich immer, danach Apfelsaft für die Verdauung.
Wo kaufen Sie Ihre Kleidung ein?
Wenn überhaupt, in Geschäften, nie elektronisch. Seit zehn Jahren war ich aber sicher schon nicht mehr Klamotten einkaufen, weil ich eine Garderobe habe, so groß wie Marilyn Monroe. Und mir passt auch noch alles.
Was ist das älteste Kleidungsstück in Ihrem Schrank?
Eine Cordjeans aus der DDR.
Wann haben Sie zuletzt handschriftlich einen Brief verfasst?
Das ist Jahrzehnte her, was vor allem an meiner Sauklaue liegt. Für meine Autobiographie, an der ich gerade arbeite, benutze ich aber noch viele handschriftliche Notizen.
Welches Buch hat Sie im Leben am meisten beeindruckt?
Das Grundgesetz.
Wie informieren Sie sich über das Weltgeschehen?
Ich lese „Spiegel“, „Neue Zürcher Zeitung„, F.A.Z. und „Süddeutsche Zeitung“, aber nur elektronisch und jeweils nur quer. Nachrichten im Fernsehen schaue ich überhaupt nicht, weil ich alles Wichtige im Newsticker habe.
Was ist Ihr bestes Smalltalk-Thema?
Die Ausübung von Sexualität in langjährigen Beziehungen. Auf dem Gebiet bin ich für meine Freunde der beste Berater, weil ich selbst nur Groupies und einen unvoreingenommenen Blick von außen darauf habe.
Bei welchem Film haben Sie zuletzt geweint?
Das war um die Jahrtausendwende bei „Ein Lied von Liebe und Tod – Gloomy Sunday“ mit Joachim Król. Es geht um eine Dreiecksbeziehung zwischen einem Juden, einem Nazi und einer wunderschönen Ungarin. Król, mit dem ich mal in einer WG in Hannover zusammengelebt habe, spielt den Juden.
Sind Sie abergläubisch?
Überhaupt nicht. Philosophen, Ärzte, Künstler und Kosmonauten dulden keine Götter neben sich. Ich verstehe durchaus, dass Menschen eine Krücke in ihrem Leben brauchen, ich aber garantiert nicht.
Worüber können Sie lachen?
Über mich selbst.
Ihr Lieblingsvorname?
Andreas Georg Alexander, so heiß‘ ich nämlich.
Machen Sie eine Mittagspause?
Ja. Früher habe ich es gehasst, als Jugendlicher will man keine Zeit verlieren. Aber in meinem Alter freue ich mich über jeden Tag. Darum halte ich konsequent Mittagsschlaf, wenn ich es denn kann.
In welchem Land würden Sie gerne leben?
Wir leben auf einem globalisierten Planeten, da ist es eigentlich fast scheißegal, in welchem Land man lebt. Ich war überall, wo ich gerne hinwollte, und nie an Orten, wo ich nicht hinwollte. Eigentlich bin ich aber ein streunender Straßenköter und ständig im Universum unterwegs. Doch Ende des Jahres ziehe ich endgültig nach Hamburg, in meine Lieblingsstadt in Deutschland.
Was fehlt nie in Ihrem Kühlschrank?
Eine Flasche Schampus, aber nur für die Mädels.
Fühlen Sie sich mit oder ohne Auto freier?
Ich habe einen Rolls-Royce, hatte einen Jaguar E-Type und eine Harley, aber nur, weil ich sie so schön fand, als von Menschenhand erschaffene Skulpturen. Was ich allerdings nicht habe, ist ein Führerschein.
Was ist Ihr größtes Talent?
Durchzukommen.
Was tun Sie, obwohl es unvernünftig ist?
Dazu fällt mir ein Satz ein: Vernunft erzwingt Zustände, Unvernunft bringt dir das Chaos, dazwischen liegt dein ganzes kreatives Potential. Genauso lebe ich. Ich habe den Drang, Regeln zu brechen, wenn sie nicht zu mir passen. Ich stehe aber auch dazu, wenn ich Scheiße gebaut habe.
Welcher historischen Person würden Sie gerne begegnen?
Ich sage mal so: Vorbilder verblassen mit der eigenen Entwicklung. Wenn überhaupt, würde ich gern Stephen Hawking oder Albert Einstein treffen, aber nur, um über Sinn und Unsinn der Quantenphysik zu reden. Ich verstehe sie nämlich nicht, obwohl ich Kosmonaut bin und das Teil der Ausbildung war.
Tragen Sie Schmuck? Und eine Uhr?
Ja. Aber fast nur Schmuck, den ich von Frauen geschenkt bekommen habe. Am Arm trage ich meine Lebenszeituhr. Sie war meine Diplomarbeit als Kosmonaut. Auf ihr ist meine Lebenseinstellung: teilen, tanzen, leben, fühlen. Das kannst du selbst einstellen. So weißt du immer, wie du deine Lebenszeit verbringen willst. Es gibt sie 52 Mal, weil ich 52 Jahre alt war, als Fortis sie herausbrachte.
Haben Sie einen Lieblingsduft?
Ja, aber den verrate ich nicht, weil ich ihn von meiner verstorbenen Managerin bekommen habe, und ich will nicht, dass ihn jeder hat.
Was war Ihr schönstes Ferienerlebnis?
Ein Ferienlager der Pioniere in der DDR. Da war ich zwölf und habe mich in meine Gruppenleiterin verliebt. Sie war mindestens 25. Es war leider nur platonisch, obwohl ich zu allem bereit war.
Auf welchem Konzert waren Sie zuletzt?
Auf dem Rolling-Stones-Konzert 2006 in Hannover. Die Stones haben mich schon als Jugendlicher in der DDR begleitet. Ihre Musik treibt mich nach vorne.
Was fehlt Ihnen zum Glück?
Eigentlich nur eine Frau. Ich will mit 70 noch mal heiraten. Vorher habe ich aber noch ein bisschen was zu tun. Vier Jahre ackere ich jetzt noch, dann bin ich 65 und finde die richtige. Gleichaltrig muss sie sein. Eine Frau in dem Alter hat alles schon mal hinter sich und ist froh, wenn sie anfangen kann zu leben.
Was trinken Sie zum Abendessen?
Eine Flasche Paulaner Weißbier.
