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EU-Spitzenkandidaten: Ein gescheitertes Modell

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Als Spitzenkandidat gescheitert: Manfred Weber (CSU, links) mit Ursula von der Leyen (CDU)

Der Bürger wird in der EU doppelt vertreten: im Rat durch seine Regierung, im Parlament durch seine Abgeordneten. Das ist auch dann eine ausreichende demokratische Legitimierung, wenn das Spitzenkandidaten-Modell nun Geschichte ist. Ein Kommentar.

Jede ehrliche Diskussion über die europäischen Spitzenkandidaten sollte mit der Feststellung beginnen, dass es sie verfassungsrechtlich gar nicht gibt. Im Vertrag von Lissabon werden sie nicht erwähnt. Dort steht nur, dass der Europäische Rat (die Versammlung der Staats- und Regierungschefs) dem Europaparlament „nach entsprechenden Konsultationen“ einen Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten vorschlägt. „Dabei berücksichtigt er das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament“, heißt es in Artikel 17.

Aus dieser vagen Formulierung haben ein paar ehrgeizige Europapolitiker, allen voran Martin Schulz, den Anspruch hergeleitet, dass nur jemand, der bei der Wahl angetreten ist und sich als Bewerber um das höchste Amt in Brüssel präsentiert hat, Kommissionspräsident werden kann. Man sollte diesen Leuten nicht absprechen, dass sie die EU tatsächlich bürgernäher machen wollen. Aber eine Rolle spielt auch, dass die alten Haudegen des Parlaments es leid sind, dass sie selten Zugang zu den exekutiven Posten in der EU bekommen. Den üblichen Karriereweg – Abgeordneter, Minister, Regierungschef – gab es in der EU nie. Außerdem werden sie von ihrer ewigen Rivalität mit dem Rat getrieben, einem institutionellen Ringen, das außerhalb Brüssels niemanden interessiert, aber von allen Beteiligten mit erbittertem Ernst geführt wird.