Wirtschaft

BIZ in Basel: Bank der Notenbanken erkennt erstes Krisensignal

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BIZ-Chef Augustin Carstens (l) im April 2019 in Washington

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich warnt davor, der Geldpolitik die Hauptverantwortung für die Stützung der Weltkonjunktur aufzubürden. Sorge bereitet ihr der Anstieg der Unternehmensschulden.

Die Abhängigkeit des Wirtschaftswachstums von der lockeren Geldpolitik mit niedrigen, in Europa vielfach negativen Zinsen dauert der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) inzwischen zu lange. In ihrem am Sonntag veröffentlichten Jahresbericht fordert die Bank der Notenbanken eine bessere Gewichtung von Geldpolitik, Fiskalpolitik, Strukturreformen und Finanzmarktregulierung.

Die Geldpolitik könne nicht länger der Hauptmotor des Wirtschaftswachstums sein, schreibt die in Basel ansässige BIZ, die nicht nur die Devisenreserven von Notenbanken verwaltet, sondern auch in der wirtschaftswissenschaftlichen Analyse von Geldpolitik und Finanzmärkten tätig ist. Die unterstützende Geldpolitik sei insgesamt angemessen und erfolgreich gewesen, sagte BIZ-Generaldirektor Agustn Carstens in der Telefonkonferenz zum Jahresbericht. Sie hat seiner Ansicht nach die wirtschaftliche Erholung gefördert, auch wenn die Inflationsraten noch nicht ganz bei den Zielwerten lägen. Nun müsse man aber vorsichtig sein.

Die BIZ hält den angemessenen Einsatz staatlicher Ausgaben für einen Schritt hin zu einem ausgewogeneren Verhältnis gegenüber der Geldpolitik. Doch dies sei eher dort der Fall, wo es fiskalischen Spielraum gebe. Überschuldete Staaten sollten dagegen der Haushaltskonsolidierung den Vorrang geben. „Das heißt nicht, dass die Geldpolitik keinen Spielraum mehr hat, der Raum für geldpolitischen Aktivismus ist aber enger geworden“, betonte Carstens. Eine expansive Geldpolitik über sehr lange Zeit erhöhe die Gefahren für die Finanzstabilität, es könne zu Fehlbewertungen von Vermögenswerten kommen und zur Unterschätzung von Risiken.

„Die niedrigen Zinsen haben den Verschuldungsaufbau begünstigt“

Als erstes Krisenzeichen nennen die BIZ-Volkswirte den Anstieg der Unternehmensschulden, vor allem in den Vereinigten Staaten. Das Volumen an riskanten Krediten habe auf rund 3 Billionen Dollar zugenommen, wobei die Vergabestandards aufgeweicht worden seien. Diese Entwicklung werde durch die hohe Nachfrage von Anlegern unterstützt, die auf der Suche nach etwas höheren Renditen seien. Die BIZ wertet die Unternehmensschulden als das „am besten sichtbare Symptom einer möglichen Überhitzung“.

BIZ-Generaldirektor Carstens bezeichnete den Anstieg der Unternehmensschulden als besonders schnell. Dieser sei insbesondere durch die Begebung von Anleihen erfolgt. „Hier gibt es verstärkte Ausfallrisiken“, sagte Carstens. In den Vereinigten Staaten haben vor allem Unternehmen mit geringer Kreditwürdigkeit die günstigen Finanzierungsbedingungen genutzt, um Anleihen (High Yield Bonds) zu begeben. „Die niedrigen Zinsen haben den Verschuldungsaufbau begünstigt“, sagte Carstens.

Ein weiteres Risiko stellen für die BIZ die angespannten Handelsbeziehungen dar. Mit Blick auf den Handelskonflikt zwischen den Vereinigten Staaten und China erklärte Carstens: „Handelskriege kennen keine Sieger.“ Die angespannten Handelsbeziehungen trübten nicht nur die Aussichten für die Nachfrage und die Investitionen, sondern sie stellten auch die Fortdauer der bestehenden Lieferketten und sogar die Zukunft des globalen Handelssystems in Frage.

Sorge bereitet der BIZ die schwache Ertragslage einiger Banken, insbesondere in Europa. Die Institute müssten sich bessere Geschäftsmodelle ausdenken, ihre Altlasten aufräumen und moderne Technologien nutzen, sagte Carstens. Besonders in Europa stehe man vor dem Problem, dass es zu viele Banken gebe. „Eine gewisse Konsolidierung ist notwendig, um die Kosten zu reduzieren und die Profitabilität zu erhöhen“, sagte der BIZ-Generaldirektor.

Ein weiteres Konjunkturrisiko stellt für die BIZ-Volkswirte der Schuldenabbau in einigen Schwellenländern, vor allem in China, dar. In der vergangenen Woche hatte die BIZ schon einen Sonderbeitrag aus dem Jahresbericht zu dem Einstieg großer Internetkonzerne in das Finanzgeschäft vorab veröffentlicht (F.A.Z. vom 24. Juni). Die Risiken gehen demnach über die Finanzstabilität hinaus und betreffen auch den Datenschutz. Zugleich könnten Facebook, Google & Co. breitere Bevölkerungskreise in den Finanzkreislauf einbeziehen.