Ausland

Vor Staatsbesuch: Trump für Boris Johnson und harten Brexit

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Donald Trump und die britische Premierministerin Theresa May im Juli 2018

Auch eine Art der Einflussnahme: Mit zwei Interviews für Murdoch-Blätter mischt Donald Trump sich in britische Debatten ein. Oppositionsführer Corbyn reagiert empört.

Kurz vor seinem Staatsbesuch in Großbritannien hat Amerikas Präsident Donald Trump in zwei aufsehenerregenden Interviews die Brexit-Debatte angeheizt und klar Stellung bezogen. Im Gespräch mit der „Sun“ erklärte er seine Sympathie für Boris Johnson als Nachfolger der aus dem Amt scheidenden britischen Premierministerin Theresa May. In einem Interview der Zeitung „Sunday Times“ empfahl er notfalls einen harten Brexit.

„Wenn sie nicht kriegen, was sie wollen, dann würde ich rausgehen“, sagte er auf die Frage, was er dem Nachfolger der scheidenden Premierministerin Theresa May raten würde. „Wenn Du nicht den Deal kriegst, den Du möchtest, wenn Du keinen fairen Deal kriegst, dann gehst Du raus.“ Auf dem Tisch liegt derzeit ein von May ausgehandelter Vorschlag, der im britischen Unterhaus mehrmals scheiterte und den die britischen Konservativen als zu EU-freundlich ansehen.

Zur möglichen Wahl Johnsons zum neuen Parteivorsitzenden der Konservativen und damit möglicherweise auch zum nächsten britischen Premierminister sagte Trump: „Ich kenne die verschiedenen Akteure. Aber ich denke, Boris würde einen sehr guten Job machen. Ich glaube, er würde ausgezeichnet sein“, sagte Trump der „Sun“. „Ich habe ihn immer gemocht. Ich weiß nicht, ob er gewählt werden wird, aber ich denke, er ist ein sehr guter Kerl, ein sehr begabter Mensch.“

Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton hatte in einem weiteren Interview ebenfalls für den Brexit geworben und Vorteile für beide Seiten herausgestellt.

Corbyn empört

Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, übte scharfe Kritik an Trumps Verhalten. „Das ist ein völlig unakzeptabler Eingriff in die Demokratie unseres Landes“, teilte er mit. Der nächste Premierminister sollte weder vom amerikanischen Präsidenten noch von 100.000 nicht-repräsentativen Mitgliedern der Konservativen Partei, bestimmt werden, sondern von den Briten in allgemeinen Wahlen.“ Corbyn wittert seit längerem seine Chance in Neuwahlen.

Trump kritisierte erneut auch die Premierministerin: „Ich denke, dass das Vereinigte Königreich der Europäischen Union erlaubt hat, alle Karten in der Hand zu halten. Und es ist sehr schwer, gut zu spielen, wenn eine Seite alle Vorteile hat.“ Er habe gegenüber May erwähnt, „dass man sich Munition aufbauen muss“.

Zugleich versicherte er Großbritannien seine tiefe Zuneigung: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein amerikanischer Präsident Eurem großartigen Land näher war.“ Er sei in Großbritannien verliebt.

Die Hoffnung von Amerikas Konservativen

Trump gab mit der „Sunday Times“ und der „Sun“ Zeitungen Interviews, die zum Imperium des erzkonservativen Medienmoguls Rupert Murdoch gehören. Zu dem Konglomerat gehört auch der Trump stark gewogene US-Sender Fox News. Die in den Interviews von Trump dargestellte Sichtweise entspricht exakt den Vorgaben konservativer amerikanischer Kreise, etwa desThink Tanks „Heritage Foundation“, die seit langem einen „No-Deal“-Brexit als im amerikanischen Interesse liegend darstellen. Hintergrund ist die Aussicht auf ein Handelsabkommen nach Washingtoner Geschmack, mit zwei deregulierten Finanzzentren London und New York im Zentrum. Die Londoner City könnte dann nach Singapurer Vorbild zu einem Steuerparadies werden.

May hatte nach einem monatelangen Machtkampf rund um den Brexit vor einigen Tagen ihren Rücktritt angekündigt. Johnson brachte sich umgehend als möglicher Nachfolger in Stellung und drohte mit einem EU-Austritt ohne Abkommen.

Vorwürfe gegen Johnson

In Umfragen galt Johnson zwar als aussichtsreichster Kandidat unter den bislang etwa ein Dutzend Bewerbern für Mays Nachfolge. Doch das könnte sich ändern: Eine Richterin entschied vergangene Woche, dass sich der exzentrische ehemalige Außenminister wegen angeblicher Brexit-Lügen vor Gericht verantworten muss.

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Er soll beim Referendum 2016 und bei der Neuwahl 2017 die Briten durch falsche Zahlen in die Irre geführt haben. Bei den Vorwürfen geht es um die Summe, die Großbritannien wöchentlich an die EU zahlt.

Trumps Meinung über Johnson scheint das jedoch nicht zu beeinflussen. Er sagte der „Sun“, auch andere Kandidaten hätten ihn um Unterstützung gebeten. Namen wolle er aber nicht nennen. Er hatte der „Sun“ bereits bei seinem letzten Besuch im vergangenen Jahr ein Interview gegeben, in dem er May düpierte. Darin warf er der Premierministerin vor, seine Ratschläge bezüglich des EU-Austritts ignoriert zu haben.

Beim Referendum 2016 hatte eine knappe Mehrheit der Briten (52 Prozent) für den EU-Ausstieg gestimmt.

Trump wird mit First Lady Melania am Montag zu einem dreitägigen Staatsbesuch in Großbritannien erwartet. Geplant sind bei dem Besuch unter anderem ein Treffen mit May und die Teilnahme an einer Gedenkveranstaltung in Portsmouth zum 75. Jahrestag des D-Day, der Landung der Alliierten in der Normandie im Zweiten Weltkrieg. Trumps Besuch ist hoch umstritten, daher wird mit heftigen Protesten in England gerechnet.