Politik

70 Jahre Grundgesetz: Mehr Freiraum!

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Wolfgang Schäuble kritisiert den Drang nach „immer perfekteren Regelungen“ auch beim Bundesverfassungsgericht

Das Grundgesetz wurde als Fundament für einen freiheitlichen, handlungsfähigen Staat geschaffen. Diesen Gedanken sollten wir wieder stärker freilegen, statt uns weiter einzumauern hinter immer neuen Regelungen, die noch detailliertere nach sich ziehen. Ein Gastbeitrag.

Siebzig Jahre sind ein beachtliches Alter für einen Verfassungstext, der als Provisorium gedacht war. In der vergangenen Woche hat der Bundestag das Grundgesetz-Jubiläum in einer Debatte gewürdigt. Darin kam die fraktionsübergreifende Wertschätzung für eine Verfassung zum Ausdruck, die unserem Land einen stabilen Ordnungsrahmen setzt und sich gleichzeitig als ausreichend anpassungsfähig erwiesen hat – nicht zuletzt bei der Wiedervereinigung, mit der das Grundgesetz zur Verfassung für ganz Deutschland geworden ist.

Die kontrovers geführte Debatte unterstrich aber auch: Eine Verfassung kann bessere oder schlechtere Rahmenbedingungen schaffen, sie bleibt immer ein Rahmen, der von den Menschen getragen werden muss – und durch die Politik ausgefüllt. Das Jubiläum bietet insofern Gelegenheit zur selbstkritischen Betrachtung unseres Umgangs mit den verfassungsrechtlich gewährten Freiheiten einerseits und den gesetzten Regeln andererseits, ohne die eine offene Gesellschaft nicht funktionieren kann.