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Cabriolets fürs Frühjahr: Luft und Liebe

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Mini Open: Ab 23.700 Euro, 102 PS

Die Zuneigung zum Cabriolet war schon mal stärker. Aber die Strahlen der Frühlingssonne entfachen die Sehnsucht aufs Neue. Mögen emotionslose Controller nie die Oberhand gewinnen.

Die Liebe zu Freiheit und Frischluft nimmt die Menschheit gern joggend unter die Füße oder radelnd unter die Reifen. Manch einer legt sich eine Vespa zu, was fürs Gefühl ziemlich gut ist. Aber was ist mit jenen, die Zweiräder nicht mögen und weiter kommen wollen, als die Füße tragen? Warum nicht mal wieder Cabriolet fahren, das Dach zurückwerfen, den Wind spüren? Offene Autos sind aus der Mode gekommen- wann der Rückzug begann, weiß keiner mehr genau zu sagen. Als das Leben noch jünger war, standen erst BMW-3er-Cabriolet und dann der offene VW Käfer in der Garage, beide natürlich mit Stoffdach.

Dann muss in den Autokonzernen jemand aus der Abteilung Bedenken & Langeweile mit dem Argument nachhaltigeren Widerstands gegen südländische Langfinger die Konservenbüchse eingefallen sein. Losgelassen wurden mit kompliziert faltenden Blechdächern entemotionalisierte Gebilde wie der VW Eos, sogar BMW verabschiedete sich vom Stoff und bereut es heute (hoffentlich). Womöglich hat derlei die Stimmung verdorben. In der Zulassungsstatistik weht kaum noch frischer Wind, und manchem Hersteller ist die Nische einfach zu flau. Die sturmtiefste Enttäuschung weht uns aus Wolfsburg entgegen, Volkswagen hat den Beetle beerdigt und den Golf dauerhaft geschlossen.

Irgendwann demnächst wollen sie mit einem offenen T-Roc vom Stamme der SUV kommen, also ziemlich genau in jenem Moment, da Range Rover sein Scheitern mit dem aufgeschnittenen Evoque ohne Pauken und Trompeten eingesteht und denselben aufgibt. 529 davon haben sie im vergangenen Jahr in Deutschland verkauft. Auch Peugeot gehört zu den humorfreien Spaßverderbern. Was war der offene 205 für ein Gute-Laune-Modell. Du hast das Baguette auf den Rücksitz geworfen und die Amour fou beim Henkel gepackt, oder war es umgekehrt? Und jetzt: Tristesse.

Vielleicht ist auch alles zu aufgeblasen. Früher haben wir kühle Strömungen mit der Heizung vertrieben. Die ganz Nostalgischen haben eine Lederkappe aufgesetzt, was für die Damen aus Gründen adrett sitzender Frisuren natürlich nicht in Frage kam, ein feines Tuch erfüllte seinen Zweck. Heute muss aus den Kopfstützen ein warmer Strom in den Nacken pusten, das Dach muss bis 50 km/h elektrisch öffnen und schließen, Scheibchen hinten und oben müssen der Luft den Weg abschneiden. Aber dann ist plötzlich Frühjahr, die ersten Sonnenstrahlen wärmen, und du fängst an in deinem Gedächtnis zu kramen: Mini? Mercedes? BMW? Audi? Wer hat denn überhaupt noch etwas auf der nach oben offenen Verführungsskala im Angebot?

Das erste Auto der Welt war selbstverständlich ein Cabriolet. Das wird heute gern vergessen. Und noch vor fünfzehn Jahren war das Cabriolet das Auto der Stunde. „Ein Volk lässt die Hüllen fallen“, hieß es damals. 2005 war die Lust am Cabriolet in Deutschland auf dem Höhepunkt: 142 000 Neuzulassungen bedeuteten einen Anteil am Gesamtmarkt von 4,3 Prozent. Danach erkaltete die Liebe der Kunden an der dachlosen Fortbewegung. Fast jedes Jahr waren fortan Rückgänge zu verzeichnen, im vergangenen Jahr fiel die Zahl der Offenbarungseide auf 75.469 zurück. Der Marktanteil bei den Neuwagen lag nur noch bei 2,2 Prozent.