Leben & Gene

PFC-Umweltskandal: Gift im Gemüsefeld

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Vielleicht nicht ganz so gesund, wie er aussieht: Rosenkohl in der betroffenen Region in der Nähe von Baden-Baden

Neues von den fluorierten Verbindungen, die badische Äcker belasten. Jetzt wurden sie auch im Blut von Menschen nachgewiesen.

„Rastatt Case“ heißt der Fall inzwischen in der internationalen Szene. Für manche Experten sind die badische Stadt und ihr Umland sogar so etwas wie die Modellregion für ein Szenario, bei dem per- und polyfluorierte Kohlenstoffverbindungen (PFC) großflächig auf Äcker und ins Trinkwasser gelangt sind. Vermutlich stammen sie aus Kompost, dem Abfälle aus der Papierherstellung beigemischt waren. PFC werden unter anderem zur Abdichtung von Kartonverpackungen, etwa bei Pizzaschachteln, verwendet.

Ein Einzelfall sind die kontaminierten Böden bei Rastatt und Baden-Baden nicht. Fast täglich werden irgendwo auf der Welt Fluorverbindungen in der Umwelt gefunden. Der Rastätter Fall wurde zuerst 2013 publik. Mittlerweile konnten die Substanzen auf 775 Hektar Ackerfläche nachgewiesen werden. Zudem sickern sie seit Jahren ins Grundwasser. Wasserwerke mussten teure Filter anschaffen, und der Anbau von Spargel, Erdbeeren und Weizen wird aufwendig kontrolliert.

Alles in allem wird der Schaden bislang eher verwaltet als behoben. Wie lange die Anwohner mit den Folgen leben müssen, weiß niemand. Wenn die wasser- und fettabweisenden Stoffe über Agrarprodukte oder Trinkwasser in den Körper gelangen, reichern sie sich in Blut und Leber an. Die Frage steht im Raum, wie gefährlich das ist.

Die Politik wiegelte ab

Eine Bürgerinitiative pochte von Anfang an auf eine Untersuchung der Blutwerte in der Bevölkerung. Doch die Politik zierte sich. Erst vor zwei Jahren lenkte das von den Grünen geführte Sozialministerium in Stuttgart ein, die Blutwerte der Betroffenen eingehend zu untersuchen. Die Ergebnisse hat das Ministerium nun veröffentlicht, zunächst versteckt auf der eigenen Homepage, auf Nachfrage jetzt etwas prominenter. Sozialminister Manne Lucha verzichtete auf eine Pressemitteilung oder eine Pressekonferenz. Allein das ist merkwürdig, aber insgesamt typisch für den Umgang mit dem Problem.

Andreas Adam, der zweite Vorsitzende der Bürgerinitiative „Sauberes Trinkwasser für Kuppenheim“, fühlt sich bestätigt. „Wir haben einen großen Erfolg erzielt“, sagt er. Es sei nun endlich bewiesen, dass die hohen PFC-Belastungen im Blut aus dem Trinkwasser stammen: Wer häufig aus dem Wasserhahn trinkt, hat auch höhere Werte. Außerdem sei einwandfrei belegt, dass die Blutkonzentrationen den konsumierten Mengen entsprechen. Bei vielen Betroffenen wurden PFC-Werte von einigen Mikrogramm pro Liter Blut gemessen, der Maximalwert betrug sogar 71,2 Mikrogramm. Im Mittel lagen sie etwa 14 Mikrogramm pro Liter höher als bei Personen, die außerhalb des betroffenen Gebiets wohnen. Andreas Adam ist davon überzeugt, dass die ursprünglichen Werte noch wesentlich höher lagen, da die Chemikalien bis zu fünf Jahre im Blut verbleiben und die Wasserversorger bereits seit 2014 Gegenmaßnahmen ergriffen haben.