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SPD-Politikerin Barley: „Eine Europäerin für Europa“

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Katarina Barley am Kanzleramt in Berlin

Erst wollte sie nicht, dann doch: Katarina Barley wird Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl. Ihr Beschluss hat mit ihrer Lebensgeschichte zu tun – und ihrer Partei.

Katarina Barley hat am Dienstag im Willy-Brandt-Haus einen Satz gesagt, den man in der deutschen Sozialdemokratie schon ziemlich lange nicht gehört hat. Dort, wo viele täglich leiden, wo oft Misstrauen regiert und manchmal auch schon Resignation, stand die künftige Spitzenkandidatin zur Europawahl und sagte: „Ich liebe diese Partei.“ Sozialdemokraten seien es gewesen, so fuhr Barley fort, die vor fast 100 Jahren in ihrem Heidelberger Programm für die „Vereinigten Staaten von Europa“ und eine europäische Wirtschaftseinheit geworben hätten. Was wäre dem Kontinent erspart geblieben, wäre es dazu gekommen.

Ihr Ziel sei es, der SPD wieder den Platz zu sichern, den sie verdiene. Sie trete im Mai als Spitzenkandidatin der SPD bei der Europawahl aber auch an aus „Verantwortung für Europa“, denn die Wahl sei „die wichtigste in diesem Jahrzehnt für unseren Kontinent“. Aus beiden Gründen habe sie die Bitte zu kandidieren „sehr gerne akzeptiert“.

In diesen Worten lagen dann nicht nur die Liebe zur alten Tante SPD, sondern auch die Zweifel, die Barley ganz offenbar hatte und auch vorgebracht hat, als Andrea Nahles sie vor Wochen schon zum ersten Mal fragte, ob sie nicht antreten wolle. Es war eine gute Wahl von Andrea Nahles, schon nach den Äußerlichkeiten betrachtet. „Eine Europäerin für Europa“, so beschrieb eine Vorstandskollegin, die SPD-Landesvorsitzende Leni Breymaier, die Kandidatur.

Multinationale Familie

Nahles sagte, Barley habe zwei Pässe, den deutschen und den britischen, ihre Kinder Großeltern aus vier Ländern, und Barley spreche vier Sprachen. Neben Deutsch ist das die Vatersprache Englisch- Französisch, sie hat mit einem Erasmus-Stipendium in Paris studiert. Und Spanisch, woher der Vater ihrer Kinder stammt.

Vielleicht auch etwas Niederländisch, denn von dort kommt angeblich ihr heutiger Partner, ein Basketballtrainer. Deutschland und England, das waren Bezugspunkte ihres Aufwachsens in Köln, wo ihr Vater bei der Deutschen Welle gearbeitet hat und sie am Gymnasium Rodenkirchen das Abitur machte.

Zu den Lebensumständen und -erfahrungen kommen die Bildungswege, Barley hat das europäische Recht studiert und wurde darüber promoviert, und in ihrer kurzen Zeit als Familienministerin fiel sie bei der Belegschaft schon dadurch auf, dass sie Brüsseler Termine, etwa des Ministerrats, gerne und engagiert wahrnahm.

Schneller Aufstieg

Heute lebt sie in Trier, wo ihr Wahlkreis liegt und wo die SPD-Politikerin auch trotz Berliner Ministeramt häufig gesehen wird. Berufspolitikerin ist sie erst seit 2013, als sie zum ersten Mal in den Bundestag gewählt wurde. Bis dahin war sie Referentin beim Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz in Rheinland-Pfalz.

Als Generalsekretärin der SPD wurde Barley dann vor drei Jahren einer größeren Öffentlichkeit bekannt. Sigmar Gabriel hatte sie dafür vorgeschlagen, auch wenn er anfangs Schwierigkeiten hatte, ihren Namen richtig auszusprechen. Dass sie schon kurze Zeit später, mitten im Bundestagswahlkampf 2017, Ministerin wurde, lag an unglücklichen Umständen. Familienministerin Manuela Schwesig wurde in Mecklenburg-Vorpommern gebraucht. Dazu kam es, weil der sozialdemokratische Ministerpräsident Erwin Sellering wegen einer Krebserkrankung zurücktreten musste, die er aber wohl glücklich überwunden hat.

Barley arbeitete sich im Familienministerium rasch ein, als dann Nahles in die Fraktion wechselte, übernahm sie kommissarisch auch noch das Arbeitsministerium. Es schien allerdings ein kurzes Ministerinnendasein zu werden. Doch dann kam die SPD doch nicht umhin, wieder mitzuregieren. Für die derzeitige Koalition von SPD und Union war Barley auch als Außenministerin im Gespräch.

Arbeitsplatz in Brüssel und Straßburg?

Dass sie dann Justizministerin wurde, haben manche als Dämpfer begriffen, Barleys rasch gewachsene Ambitionen schienen etwas zu hoch gegriffen. Außenminister wurde Heiko Maas, der zuvor vier Jahre lang Minister für Justiz und Verbraucherschutz gewesen war. Sollte es so gewesen sein, hätte sich Barley jedenfalls nichts davon anmerken lassen.

Im dann dritten Ministerium innerhalb weniger Monate hat sie sich rasch eingearbeitet, auch wenn es augenblicklich mehr um Verbraucherschutz geht als um die Kernaufgaben des Hauses. Mit der Möglichkeit gemeinsamer Musterklagen in größeren Fällen und neuen Belägen für die Mietpreisbremse wollte sie ihren Beitrag leisten – und natürlich bei den Ministerräten der Europäischen Union.