Finanzen

Alles nachhaltig oder was?

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Es grünt so grün – auch in der Geldanlage. Der Markt für Finanzprodukte, die sich als nachhaltig bezeichnen, wird immer größer.

Aktienfonds, die das Geld politisch korrekt anlegen, bringen ordentliche Renditen. Warum? Weil sie es mit der Nachhaltigkeit oft gar nicht so genau nehmen.

Es grünt so grün in der Geldanlage. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht mehr oder minder prominente Investmentgesellschaften einen Fonds auflegen, der für die Umwelt Gutes tun und dabei Geld verdienen will. Angetrieben wird der Trend von Großinvestoren wie Kirchen, Stiftungen oder hochvermögenden Personen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, gutes Gewissen und wirtschaftlich Gebotenes zu verbinden. Doch immer mehr wird auch der Privatanleger umworben, sein Geld in die Hände solcher Firmen oder Fonds zu legen, die gewisse Standards zum Umweltschutz, zu sozialen Belangen und zur guten Unternehmensführung erfüllen.

Der Markt für Finanzprodukte, die sich als nachhaltig bezeichnen, wird immer größer, und das Geld, das dort hineinfließt, immer mehr. Laut der Global Sustainable Investment Alliance hat sich das Volumen nachhaltiger Geldanlagen in den vergangenen zehn Jahren versechsfacht – auf 23 Billionen Dollar. Kein Wunder, findet Benjardin Gärtner, der bei der Fondsgesellschaft Union Investment das Aktien-Portfolio managt: „Das Thema Nachhaltigkeit hat seinen Platz im Herzen des aktiven Managements gefunden.“

Nachhaltigkeit als Herzenssache – und das, wie andere Anbieter behaupten, sogar bei passiven Produkten wie börsengehandelten indexfonds, den sogenannten ETFs? Das mag glauben, wer will. Tatsächlich geht es in erster Linie nicht darum, die Welt zu retten, sondern Rendite zu erwirtschaften und die Anleger zufriedenzustellen. Folgt man einschlägigen Studien, so gelingt dies in den allermeisten Fällen. Finanzprodukte, die Wert auf Nachhaltigkeit legen, schneiden in 90 Prozent der Untersuchungen besser ab als ihre klassischen Pendants.

Das liegt vor allem daran, dass sie in ihren Investments Risiken reduzieren. Wenn nämlich Unternehmen nachhaltig arbeiten und deshalb keine Klagen wegen Umweltverschmutzung oder schlechter Führung zu befürchten haben, sind ihre Aktien im Schnitt weniger schwankungsanfällig und verlieren weniger stark an Wert.

Nachhaltiges Investieren, das klingt also nicht nur schön und gut, sondern ist auch vielversprechend. Aber wie findet man heraus, ob ein Unternehmen, dem man sein Geld anvertraut, ethisch korrekt wirtschaftet? Zum einen haben Konzerne aus Europa eine Informationspflicht. Die EU-Kommission verlangt, dass Firmen, die auf dem Kapitalmarkt aktiv sind und mehr als 500 Mitarbeiter haben, über die Nachhaltigkeit ihres Geschäfts Bericht erstatten.

Zum anderen bewerten Ratingagenturen die Nachhaltigkeit von Konzernen anhand dreier Kriterien, die unter dem Kürzel ESG zusammengefasst werden. Die drei Buchstaben stehen für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung). Ratingagenturen wie Sustainalytics oder Oekom Research haben ähnliche Modelle, so dass die Ergebnisse prinzipiell vergleichbar sind.

Was machen Fondsgesellschaften aus diesem Wissen?

Allerdings ist die Frage, was Fondsgesellschaften aus diesem Wissen machen, ob sie strenge Maßstäbe für ihre Fonds anlegen oder eher laxe. Die Bandbreite unter den mehr als 1.600 Fonds, die allein in Europa unter dem Prädikat „nachhaltig“ vertrieben werden, ist dabei enorm. „Das ist für den Anleger verwirrend“, sagt Matthias Bönning, Vorstand bei Oekom Research. „Für ihn ist es wichtig zu schauen, dass die Kriterien der Fonds transparent sind und mit den eigenen Ansprüchen übereinstimmen.“ Als Orientierung kann beispielsweise das Gütesiegel des Forums Nachhaltige Geldanlage (FNG) dienen.

Fondsgesellschaften bedienen sich zweier Methoden, um nachhaltige Unternehmenswerte auszuwählen. Da ist zum einen das Ausschlussverfahren. Demnach fließt kein Kapital in Konzerne, die beispielsweise geächtete Waffen herstellen oder die ihr Geld vornehmlich mit Atomkraft, Glücksspiel, Kinderarbeit oder Pornographie verdienen. Viele Fondsanbieter schließen fast alle diese Branchen aus.

Bei anderen ist es mit der Nachhaltigkeit nicht so weit her. So verzichtet die französische Großbank BNP Paribas in ihren bei Anlegern beliebten Produkten lediglich auf Firmen, die geächtete Waffen wie Streubomben und Antipersonenminen herstellen. Doch von solchen Firmen gibt es nicht viele, von ihrer geringen Bedeutung an den Börsen ganz zu schweigen. Zugespitzt könnte man also formulieren: Eine Selbstverständlichkeit wird zu einer Anlagestrategie aufgebauscht.