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Kurz und gut

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„Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei“: Österreichs Außenminister am Freitag in Wien

Den Vorsitz der ÖVP will Österreichs Außenminister nur dann, wenn die Partei eine Art Wahlverein für ihn wird. Er fordert das volle Durchgriffsrecht.

Was Sebastian Kurz von den Granden seiner Partei, der ÖVP, verlangte, soll einer von ihnen unwillig so ausgedrückt haben: Dass sie sich „nackert ausziehen“. So drastisch das in der vergangenen Woche geklungen haben mag, so treffend erschien die Formulierung am Sonntag, nachdem im Detail die Vorstellungen des Jungstars der österreichischen Christdemokraten bekanntgeworden waren.

Kurz will tatsächlich nicht nur ein Neuer an der Spitze der Partei sein, die in den vergangenen Jahren im Vorsitzendenverschleiß ähnlich verschwenderisch war wie die SPD in Deutschland. Er will etwas Neues schaffen. Kurz forderte ein volles Durchgriffsrecht auf Personal und Inhalt der Bundespolitik der ÖVP. Sonst werde er den Vorsitz der Partei, der ihm allseits angetragen wurde, nicht übernehmen. Sie soll eine Art Sebastian-Kurz-Wahlverein werden.

Für die Aufstellung der verschiedenen Listen für Bundeswahlen verlangte Kurz ein „Durchgriffsrecht“, sei es, dass er sie alleinverantwortlich erstellt, sei es, dass er in den Landeslisten ein Vetorecht erhält. Eine weitere Forderung zeigt allerdings, dass es Kurz mehr darum geht, die bisherige Macht der Regionalfürsten zu brechen, als darum, selbst im Alleingang zu bestimmen: Denn wer von den Regionallisten ins Parlament kommt, soll nach seinen Vorstellungen in einem stärkeren Maß als bisher von den Wählern abhängen, die in Österreich auf Personen sogenannte Vorzugsstimmen vergeben können.

Die Reihung auf den Kandidatenlisten soll außerdem auf allen Ebenen nach einem Reißverschlusssystem erfolgen, abwechselnd Frauen und Männer. In der Partei will Kurz als „Bundes-Obmann“ alleinverantwortlich den Generalsekretär und gegebenenfalls das Regierungsteam bestellen und nicht wie bisher durch Beschluss des Vorstands. Freie Hand fordert er für allfällige Koalitionsverhandlungen. All das solle der Bundesparteivorstand schriftlich beschließen, um die änderungen dann per Parteitagsbeschluss im Statut festzulegen.

Andeutungen über Wahlplattform schon im Herbst lanciert

Der heikelste Punkt wurde am Samstagabend bekannt: Dem 30 Jahre alten Außenminister schwebt eine Art überparteilicher Wahlplattform vor, von welcher er hofft, dass sie ihn ins Bundeskanzleramt tragen werde. Konkret: Er will mit einer eigenen Wahlliste antreten, die ÖVP soll sozusagen als Unterstützungsverein fungieren. „Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei“: Da mag der eine oder andere in der Partei doch noch einmal geschluckt haben.

Andererseits ist Kurz gelernter Parteipolitiker genug, um zu wissen, dass man sich nicht aus dem Stand durchsetzt. In Gesprächen hinter den Kulissen hat er längerfristig die wichtigsten Leute der eigenen Partei auf die eigene Seite zu ziehen gesucht. Schon vor der entscheidenden Sitzung des ÖVP-Vorstands am Sonntagnachmittag bekundete sie ihre Unterstützung für ihren Hoffnungsträger: Die „schwarzen“ Landeshauptleute (Ministerpräsidenten) der Steiermark, Niederösterreichs und Tirols und die Parteichefs aus Oberösterreich und Wien. Ferner, in der ÖVP auch sehr wichtig, die innerparteilichen Interessenverbände Bauern-, Wirtschafts-, Arbeitnehmer- und Seniorenbund. Die Junge ÖVP ist sowieso Kurz’ Hausmacht.