Mode & Design

Nach dem Shitstorm

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Alpha Dia ist in Mailand und Paris erfolgreicher als in Deutschland. Ob das mit seiner Hautfarbe zusammenhängt, kann er nicht mit Sicherheit sagen.

Als wir unsere Modestrecke fotografierten, war Alpha Dia noch unbekannt. Dann wurde er plötzlich angefeindet. Das neue Jahr hat ihn schließlich zum Star gemacht.

Als man ihn endlich wieder erreicht, Ende Februar, kurz vor Redaktionsschluss Prada auf dem Laufsteg und für Dolce & Gabbana. Er hatte schon für Kampagnen und für Editorials vor der Kamera gestanden. Aber bisher kannten ihn nur Freunde der Männermode, und wie viele gibt es davon schon, erst recht in Deutschland?

Unser Chef-Stylist Markus Ebner hatte ihn gesucht und gebucht – und der Tag über den Dächern von Frankfurt verlief bei schönstem Wetter so schwerelos, wie man sich ein Shooting nur wünschen kann.

Shitstorm nach Lidl-Kampagne

Kaum vier Wochen später sah die Welt schon wieder anders aus. Alpha Dia, der 1992 in Senegal geboren wurde und vor 14 Jahren nach Deutschland kam, muss sich auch im Alltag immer wieder rassistische Bemerkungen wegen seiner Hautfarbe anhören.

Dia für Hermès Am 21. Januar lief Alpha Dia für Hermès über den Laufsteg.Bilderstrecke

Nun aber stand er plötzlich in der Tschechischen Republik inmitten eines Shitstorms. Er hatte für eine Lidl-Kampagne Modell gestanden. Jetzt wurde im Netz gegen ihn gehetzt, viele fürchteten Überfremdung, und einer sah gar „die Auslöschung der weißen Rasse“ heraufdämmern. Andere wiederum solidarisierten sich mit ihm, auch tschechische Minister, und er bekam sogar einen eigenen Eintrag im tschechischen Wikipedia, den er auf Facebook launig so kommentierte: „Früher meine Referate genau da kopiert und jetzt. . .“

Größere Vielfalt in der Modewelt

Dabei erlebt er gerade in der Modeszene eine gegenläufige Bewegung. Die Klagen, dass asiatische und schwarze Models selten gebucht werden, nehmen langsam ab. „Auf den Laufstegen herrscht mehr Vielfalt als früher“, meint Alpha Dia.

In Deutschland wird er zwar nicht so gut gebucht wie in Paris, New York oder Mailand. Aber das mag auch damit Zusammenhängen, dass die großen Marken schwarze oder asiatische Models ungefähr proportional zum Anteil von Schwarzen oder Asiaten an der Bevölkerung des jeweiligen Landes einsetzen.

Auf den Laufstegen der wichtigsten Designer

Mitte Januar begannen die Männermode-Wochen in Mailand. Schnell verflog Alpha Dias Sorge, die Modehäuser könnten ihm Kampagnenfotos für einen Discounter übelnehmen. Seine bisher erfolgreichste Saison begann. Zum dritten Mal in Folge ging er für Prada über den Laufsteg – und das heißt etwas, denn dort wechselt man die Models so schnell wie die Jacken. Außerdem Zegna, Neil Barrett, Dirk Bikkembergs, Off-White, Dries van Noten, MSGM, Hermès, Kenzo, und, und, und.

Besonders glücklich ist Alpha Dia, dass er ein Arbeitsvisum für New York bekam. So konnte er bei der ersten Raf-Simons-Schau in New York dabei sein. Und noch wichtiger: Die Raf-Simons-Premiere als Designer bei Calvin Klein war auch die Alpha-Dia-Premiere als Model bei Calvin Klein. Noch dazu hatte er ein „exclusive“, so etwas wie ein Gütezeichen: Er durfte in der Woche für keine andere Marke über den Laufsteg gehen. Alpha, der Anfang, bedeutete also mitten in dieser wunderbaren Saison auch Omega, das Ende. Aber die Schau geht weiter.