Finanzen

Die Märkte sind im Vorsichtsmodus

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Werthaltig: Die Brexit-Furcht ließ die Anleger zu Gold greifen.

Gold und amerikanische Staatsanleihen profitieren von der Unsicherheit um Brexit und Trump. Wird man sich auf eine längere Phase der Ungewissheit einstellen müssen?

Der Goldpreis und die Kurse amerikanischer Staatsanleihen haben am Dienstag angesichts der Unsicherheit um den Brexit und die Politik Donald Trumps zulegen können. Die Feinunze Gold (31,1 Gramm) erreichte vor der Rede der britischen Premierministerin Theresa May zum Brexit-Fahrplan zeitweise ein Zwei-Monats-Hoch von 1217,98 Dollar. Die Kurse der richtungsweisenden amerikanischen Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit stiegen, im Gegenzug sank die Rendite zeitweise um 7,8 Basispunkte auf 2,3 Prozent.

Nach der Rede, in der May sich für einen „harten Brexit“ aussprach, gab es schon recht bald eine gewisse Gegenbewegung. Die Börsen, die zuvor ins Minus gerutscht waren, erholten sich wieder etwas. Der deutsche Aktienindex Dax schloss 0,1 Prozent tiefer auf 11540 Punkten, nachdem er zuvor mehr als 1 Prozent eingebüßt hatte. Der europäische Index Euro Stoxx 50 verzeichnete einen Verlust von 0,3 Prozent auf 3285 Punkte.

Das britische Pfund stieg zum Dollar in der Spitze 2,5 Prozent, der stärkste Anstieg seit dem 29. Oktober 2008. Gold und Staatsanleihen gaben zwar einen Teil ihrer Gewinne ab – blieben aber gleichwohl deutlich im Plus.

Wird man sich jetzt also auf eine längere Phase der Unsicherheit rund um Trump und Brexit einstellen müssen, in der „sichere Häfen“ wie Gold und Staatsanleihen immer wieder mal sehr gefragt sind?

Die „Risk-off-Stimmung“ nimmt zu

„Die Stimmung kippt“, meinte zumindest das Bankhaus Metzler. Die „Risk-off-Stimmung“ an den Märkten nehme zu, die Welt wechsele gleichsam in den Vorsichtsmodus. Das zeige sich an der starken Nachfrage nach amerikanischen und deutschen Staatsanleihen sowie daran, dass die „Risikobarometer“ Gold und Yen ihre Gewinne der vergangenen Tage noch mal ausbauen konnten.

Auch Gertrud Traud, die Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), vertrat die Ansicht, in den vergangenen Tagen habe es an den Finanzmärkten bereits eine „Flucht in die sicheren Häfen“ gegeben. Maßgeblich dafür seien die politischen Einflussfaktoren gewesen. „Dies überrascht uns jedoch nicht“, sagte Traud und verwies auf den Jahresausblick ihrer Bank. Dort heißt es: „Kann vor dem Hintergrund einer eher unspektakulären, dafür aber stabilen Konjunktur davon ausgegangen werden, dass die Kapitalmarktentwicklung 2017 in ebenso ruhigen Bahnen verlaufen wird? Vermutlich nicht! Politische Ereignisse werden für Schwankungen an den Kapitalmärkten sorgen.“ Genau das könne man jetzt beobachten, meint die Ökonomin.

Die Aktienmärkte hätten bis vor wenigen Tagen einen „zahmen“ Donald Trump antizipiert, der seine protektionistischen Wahlkampfaussagen eher zurückfahren werde. In den vergangenen Tagen habe Trump aber die harten Töne aus dem Wahlkampf wieder angeschlagen, beziehungsweise sogar noch verstärkt. So überrasche es nicht, dass auch die Marktteilnehmer wieder etwas in Deckung gingen. „Dies zeigt sich auch deutlich am Dollar“, hob Traud hervor: „Hier scheint sich langsam die ,Trumphorie‘ abzubauen.“

Der Dollar hatte am Dienstag im Verhältnis zu Euro und Yen verloren, nachdem Trump ihn in einem Interview zuvor als schon „zu stark“ für Amerikas Außenwirtschaft bezeichnet hatte. Einen solchen „harten Wechsel“ werde man im Verlauf des Jahres 2017 sicherlich noch des Öfteren erleben, meinte Traud: „So werden sich Phasen der Aktienerholung mit Phasen der Golderholung abwechseln.“

Erste Indizien für eine „Flucht ins Gold“

Holger Schmieding, der Chefvolkswirt des Bankhauses Berenberg, deutete die Entwicklung so: Trump habe seinen Vorschusslorbeer verspielt, auch durch sein „etwas wirres Interview“. Jetzt warteten die Märkte mit leichter Nervosität darauf, was er im Amt tatsächlich anstelle. „Die Hoffnung bleibt, dass der Kongress ihn schon so einhegen wird, dass er mit seinen losen Sprüchen keinen allzu großen Schaden anrichtet, während gleichzeitig der Kongress ein wirtschaftsfreundliches Steuerprogramm ausarbeitet.“

Für klare Aussagen über eine „Flucht ins Gold“ sei es noch zu früh, meinte hingegen Carsten Fritsch, Rohstoffanalyst der Commerzbank. Es gebe aber erste Indizien dafür, wenn man sich die Tendenzen bei den mit Gold hinterlegten börsennotierten Indexfonds (ETF) anschaue. Diese hatten nach Zahlen des World Gold Councils zuletzt Rekordzuflüsse verzeichnet. „Ein wichtiger Grund für den höheren Goldpreis ist aber auch der zuletzt wieder schwächere Dollar, nachdem Trump außer der Androhung von Importzöllen keine Aussagen zu seiner Wirtschaftspolitik gemacht hat“, sagte Fritsch. Insbesondere hätten konkrete Aussagen zu Steuersenkungen und Infrastrukturausgaben gefehlt. Damit wüchsen Zweifel an der „Trumpflation-Story“ – das wiederum lasse die Zinserwartungen zurückgehen.

„Es gibt in der Tat ein bisschen Angst und Nervosität bezüglich Trumps Amtseinführung und der künftigen Rolle Großbritanniens in Europa“, meinte Niv Dagan von der Investment-Boutique Peak Asset Management. Angesichts der zurückliegenden Aktienrally sei ihre Devise deshalb: „Wir bleiben vorsichtig.“