Wirtschaft

Führungskräfte halten Merkel für unschlagbar

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Angela Merkel hat gut lachen. Die Eliten ziehen sie allen potentiellen Herausforderern vor.

Nur mit wem soll sie regieren? Was die Spitzen aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung hoffen und was sie befürchten: Das zeigt das neue F.A.Z.-Elite-Panel.

Die SPD macht es spannend: Erst übernächsten Sonntag will sie endlich ihren Kanzlerkandidaten küren. In den deutschen Führungsetagen dürfte das Ereignis jedoch wenig Aufmerksamkeit finden. Dort hält man den Einzug eines SPD-Manns in das Kanzleramt offensichtlich für eine „mission impossible“ – und zwar gleichgültig ob die Sozialdemokraten nun wie erwartet Sigmar Gabriel oder doch Martin Schulz oder Olaf Scholz ins Rennen schicken.

Keinen der drei potentiellen Kandidaten würde die Elite lieber als Angela Merkel im Kanzleramt sehen. Keinem traut sie wirklich zu, Merkel und damit die Union zu schlagen. Zu diesem Ergebnis kommt die neue Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Allensbach im Auftrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Zeitschrift „Capital“ im Dezember unter 517 Entscheidern aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung durchgeführt hat.

Martin Schulz als aussichtsreichster SPD-Kandidat

„Drei Viertel der Führungsspitzen begrüßen die Entscheidung, dass Angela Merkel wieder antritt“, sagte Allensbach-Chefin Renate Köcher bei der Präsentation des Panels am Donnerstag in Berlin. Überwältigende Zustimmung gebe es selbst von den (allerdings nicht sehr zahlreichen) Anhängern der Grünen in der Umfrage- 87 Prozent bevorzugten Merkel. Unter den Führungskräften, die sich zur SPD bekennen, sprechen sich immerhin 67 Prozent für Merkel aus. Diese breite Zustimmung spiegele sich in der übrigen Bevölkerung, ganz anderer Meinung seien nur Anhänger der AfD und der Linken, erläuterte Köcher.

Für den aussichtsreichsten SPD-Gegenkandidaten hält knapp die Hälfte der Befragten den soeben im Vorsitz des Europaparlaments abgelösten Martin Schulz. Ein gutes Viertel gibt Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz bessere Chancen, nur 19 Prozent würden den SPD-Vorsitzenden Gabriel ins Rennen schicken. Dieselben Leute würden aber Merkel gegenüber jedem dieser drei Kandidaten mit weitem Abstand vorziehen, sagte Köcher. Sie kann der SPD nur den Trost spenden, dass die Wahl nicht allein an der Popularität der Person hänge, sonst hätten die Sozialdemokraten 2009 unter Frank-Walter Steinmeier besser abgeschnitten.

Keine „Wunschkoalition“ bei den Eliten

Entscheidend sei auch, welche Themen dominierten und ob diese in das „eigene Blatt“ spielten. „Keine Wahl ist ein halbes Jahr vorher schon gelaufen“, warnte sie. Die Führungskräfte sehen das anders. Eine überwältigende Mehrheit von 65 Prozent rechnet fest mit der Fortsetzung der großen Koalition, auch wenn das überwiegend nicht ihr Wunsch ist.

Infografik / spitzenkräfte wollen Merkel

Nur je 12 Prozent sehen Merkel nach der Wahl als Chefin eines Regierungsbündnisses mit den Grünen und der FDP (Jamaika) oder eines Zweierbunds mit den Grünen. „Rot-Rot-Grün halten die Führungsspitzen mit 5 Prozent für völlig unwahrscheinlich“, sagte die Demoskopin. Eine eindeutige „Wunschkoalition“ haben die Eliten aber nicht. Am ehesten favorisiert wird Schwarz-Gelb, ein Viertel wünscht sich diese Kombination. Dahinter rangieren Schwarz-Grün-Gelb und Schwarz-Grün. Eine Fortsetzung der großen Koalition würden nur 18 Prozent bevorzugen.

Wirtschaft wünscht sich ein Comeback der FDP

Nach Ansicht der Entscheider hat sich die FDP unter Christian Lindner stabilisiert und damit gute Chancen, am 24. September wieder in den Bundestag einzuziehen, aus dem sie 2013 herausgeflogen war. Noch vor zwei Jahren sei die FDP „abgeschrieben“ gewesen, nun zeigten Erfolge in den Landtagswahlen und die stabil über 5 Prozent liegenden Umfragewerte Wirkung, sagte Köcher.

Vor allem die Wirtschaft möchte, dass die FDP im Bundestag endlich wieder mitredet. 85 Prozent der Befragten aus den Unternehmen halten das für „wichtig“. Gut die Hälfte wünscht sich sogar eine Regierungsbeteiligung. Gegen Ende der ersten schwarz-gelben Merkel-Regierung 2012 hatte sich nur noch ein Drittel dafür ausgesprochen.

Euro-Krise als vorherrschendes Thema

Köcher wies darauf hin, dass sich die Einschätzung auch in Bezug auf eine schwarz-grüne Koalition bemerkenswert geändert habe. Aus Sicht einer großen Mehrheit der Entscheider wäre diese auf Bundesebene funktionstüchtig. 74 Prozent sagen, die Unterschiede zwischen den christlichen Parteien und den Grünen sprächen nicht mehr dagegen. 2012 hielt die Mehrheit der Entscheider die Unterschiede zwischen den Parteien für zu groß, um gemeinsam im Bund zu regieren. Den Schwenk führt Köcher darauf zurück, dass mit Hessen und Baden-Württemberg zwei wichtige Länder von Union und Grünen relativ reibungslos regiert werden.

Unter den großen Themen, die auf die nächste Regierung zukommen, sehen die Führungskräfte weiterhin die Euro-Krise. Mehr als drei Viertel haben Zweifel an der Stabilität der Eurozone und erwarten, dass die Krise wieder aufflammen wird. Das größte Risiko gehe nun mit weitem Abstand von Italien aus, vor einem Jahr führte Frankreich die Spitze an. Das schon verheerende Urteil über den Zustand der EU ist seit der letzten Umfrage im Juli noch schlechter geworden. Neun von zehn Befragten sehen die EU immer weiter auseinanderdriften, zwei Drittel zweifeln an der Reformfähigkeit.

Institut für Demoskopie Allensbach 350 Vorstände oder Geschäftsführer der Wirtschaft, 116 politische Führungskräfte (Parlamentspräsidenten, Fraktionschefs, Minister, Staatssekretäre aus Bund und Ländern) und 51 Spitzen von Behörden.