Leib & Seele

Yoga kann ein Schweinebaumel sein

• Bookmarks: 14 • Comments: 4


Yogistas bei Sonnenaufgang: Gruppen-Yoga auf einem Hoteldach in Jakarta im September.

Was ist die Essenz der alten indischen Kunst der inneren Einkehr durch Körperkontrolle, die hierzulande zum Lifestyle geworden ist? Eine Spurensuche beim Gipfeltreffen der Yogis.

Patrick Broome, der wohl berühmteste Yogalehrer Deutschlands, steht auf Strümpfen im alten Konzertsaal von Schloss Elmau und wiegt sich im Takt indischer Mantren. Mit seinem zum Zopf gebundenen Haar, dem grauen Shirt und der schwarzen lockeren Hose sieht er aus wie ein Trekking-Veteran. Also nicht wie der Star, der er eigentlich ist, jedenfalls für Menschen, die gerne Yoga machen. Sie verehren ihn. Denn Broome ist der Mann, der Yoga vor etwas weniger als zwei Jahrzehnten von New York nach Deutschland gebracht hat.

Ich bin zum „Yoga-Summit“ auf die Elmau nahe Garmisch- Partenkirchen gereist – einem Gipfeltreffen, wie es in dieser Form selten ist. Die Stars der deutschen Yoga- Szene haben sich hier versammelt, ein paar internationale sind auch dabei. Eine knappe Woche lang können sich die Teilnehmer des Summits von Unterrichtsstunde zu Unterrichtsstunde hangeln, verschiedene Stile ausprobieren und praktisch erleben, wo Yoga heute steht. Die alte indische Kunst der inneren Einkehr durch Körperkontrolle hat sich längst in zahlreiche Varianten aufgesplittert. Sie heißen Anusara oder Jivamukti, Bikram oder Flying Yoga, und existieren mal mehr, mal weniger friedlich nebeneinander. Die Mischung dieser Stile ist nicht unproblematisch.

Wollen alle Yoga-Lehrer das Gleiche?

Es gibt Gurus, die ihren Schülern verbieten, zu anderen Lehrern zu gehen, und verächtlich von „Yoga-Zapping“ sprechen. Auch die Veranstaltung eines derartigen Gipfels in einem Luxushotel mag Puristen ein Dorn im Auge sein. Zu viel Behaglichkeit kann nur ablenken. Allerdings zeugt das Programm, das der Spa-Direktor von Schloss Elmau, Johannes Mikenda, zusammengestellt hat, von einem hohen Anspruch. Er hat Gelehrte wie den Yoga-Denker R. Sriram eingeladen, spirituelle Musiker wie Madhavi & Caitanya und Urgesteine der Szene wie Timo Wahl. Jeder Morgen startet mit einer Sieben-Uhr-Meditation, jeder Abend endet mit einem Konzert. „Alle Yoga-Lehrer mit einem ernsthaften Anspruch, die ich bisher getroffen habe, wollen eigentlich das Gleiche“, sagt Mikenda. Er selbst ist Jivamukti-Lehrer und muss es wissen. Was dieses Gleiche ist, das will ich auf der Elmau herausfinden.

Mein Start ist allerdings so unyogisch wie möglich. Statt entspannt nachmittags über München anzureisen, verbringe ich viele Stunden Wartezeit am Hamburger Flughafen. Ein Blitz ist in das Flugzeug eingeschlagen. Aus Frust verspeise ich zwei dicke Wiener Würstchen sowie eine riesige Portion Kartoffelsalat und fühle mich prompt so schuldig wie ein Prasser vor der Fastenkur. Spätabends versöhnen die Fahrt durch die Täler hinter Starnberg und der Blick auf die dunkel und ruhig in den Bergen liegende Elmau.

Sing Meditation im Schloss-Saal

Am nächsten Morgen ist mir schlecht. Ich trinke einen Cappuccino im Zimmer und schleppe mich mit Mühe zur „Mantra Meditation“ mit Madhavi. Diese Jüngerin des „Bhakti-Yoga“ arbeitet mit Klängen. Sie hat Charme und Charisma zugleich und besitzt eine glockenhelle Stimme. Dabei stammt sie aus Deutschland. Bei aller Liebe zum Yoga und seiner dem Hinduismus entstammenden Tradition habe ich nur eine vage Ahnung davon, was mich erwartet.