Mode & Design

Erfrischend, aber nicht wild

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Modenschau am Bondi Beach: Das australische Label Iabel zeigt Stücke am Strand.

Seit 25 Jahren gibt es in Australien Designer, die mehr können, als Bikinis zu entwerfen. Aber erst jetzt nimmt der Rest der Welt von ihnen Notiz.

Die endlose Weite des Outbacks, beeindruckende Landschaft, ein Paradies für Taucher und Surfer: Australien ist weltweit als Traumdestination bekannt und eines der beliebtesten Reiseziele. Beim Stichwort Mode aber denken die meisten nur an die beliebten wie geächteten Ugg Boots – diese bequemen, leider wenig formbeständigen Lammfell-Stiefel, die eigentlich für australische Surfer gedacht sind, mit denen in der nördlichen Hemisphäre im Winter aber Teenager durch die Einkaufsstraßen schlurfen.

Dass Australien bisher auf dem internationalen Modemarkt kaum wahrgenommen wurde, liegt nicht an mangelnder modischer Raffinesse, sondern hat einen simplen Grund. Ein Blick auf die Weltkarte genügt: Der fünfte Kontinent liegt weitab vom Schuss. Man fliegt zum Shopping-Trip nach London oder New York und berichtet dann zu Hause von den tollen Fundstücken und edlen Boutiquen. In Australien ist man eher mit Rucksack und Wanderstiefeln unterwegs.

Auch vielen Einkäufern und Journalisten war der Weg lange zu weit: Zusätzlich zu dem halbjährlichen Schauenmarathon mit 40 Modenschau-Tagen in New York, London, Mailand und Paris auch noch nach „down under“ reisen? Da ging es der Fashion Week Australia in Sydney lange Zeit nicht viel besser als der deutschen Modewoche in Berlin. Es handelte sich um eine lokale Veranstaltung, viel mehr war kaum daraus zu machen.

43002806 Model des australischen Labels Isabel Zimmermann: Zwischen Klassik und Leichtigkeit

Stundenlanges Hashtagstöbern

Doch jetzt, da sich auch viele Einkäufer ihre Informationen vornehmlich in den sozialen Medien zusammensuchen, immer auf der Jagd nach dem nächsten angesagten Label, ist die geographische Distanz nicht mehr so wichtig wie früher. Ganz im Gegenteil, vielleicht findet sich ja dort, wo niemand so genau hinschaut, eine Marke, die heute noch unbekannt ist? „Soziale Netzwerke wie Instagram sind gute Plattformen, um weltweit Kunden auf sich aufmerksam zu machen“, weiß Lisa Aiken, Modeeinkäuferin beim Luxus-Online-Shop Net-a-porter. „Besonders wenn es sich um Marken aus geographisch abgelegenen Regionen handelt. Ich verbringe manchmal Stunden damit, Hashtags zu durchstöbern, um die nächste große Marke zu entdecken.“

Auf den globalisierten Märkten wird es schließlich nicht leichter, das Besondere und Einzigartige zu finden. Gerade für unabhängige Boutiquen und Online-Stores ist es da umso wichtiger, das anzubieten, was nicht jeder hat. Aikens Arbeitgeber – sozusagen der Haus- und Hoflieferant des internationalen Mode-Jetsets – hat schon früh das Potential der Aussie-Labels erkannt. Neben Beauty-Produkten von den auch hierzulande bekannten Marken wie Aesop und Grown Alchemist führt Net-a-porter Designerlabels wie Ellery, Dion Lee und Zimmermann. Drei Namen, die mittlerweile jede Fashionfrau in einem Zug mit Isabel Marant oder Chloé nennt.

43002817 Australiens bekanntester Strand, der Bondi Beach, steht für Freiheit und entspanntes Leben.

Aber es sind auch persönliche Erfolgsgeschichten wie die von Nicky und Simone Zimmermann, die den Blick nach Australien lenken. Als die beiden nach dem Designabschluss am East Sydney Technical College 1991 ihr Label gründeten und aus der Garage ihrer Eltern heraus die ersten Stücke verkauften, war das Internet noch kein Thema. Also mussten sie es auf eigene Faust versuchen und klapperten mit ihrer Kollektion Showrooms in den Vereinigten Staaten ab. Damals vor allem mit ungewöhnlicher, figurschmeichelnder Bademode, veredelt mit Volants und Lochstickerei. Denn Bademode aus dem Surferparadies, das leuchtete den Kunden ein, und so öffneten sich die ersten Türen.