
Ein in Mexiko geborenes Baby besitzt das Erbgut dreier Menschen – dank einer neuen Technik, genannt Kerntransfer. Eine ähnliche Vorgehensweise wurde 2002 in den Vereinigten Staaten verboten, in Deutschland war sie nie erlaubt.
Unter Federführung amerikanischer ärzte ist erstmals ein Baby zur Welt gekommen, das mittels Kerntransfer drei genetische Eltern hat. Die Mutter des bereits im April geborenen Jungen hat eine seltene Erbkrankheit, von der die DNA in den Kraftwerken der Zelle (Mitochondrien) betroffen ist. Sie hatte bereits mehrere Kinder vor und nach der Geburt verloren, an die sie das Leigh-Syndrom weitergegeben hatte.
Mittels einer neuartigen Technik entfernten die ärzte nun den gereiften, aber noch unbefruchtete Kern einer mütterlichen Eizelle. Dieser sei in eine entkernte Spender-Eizelle mit gesunden Mitochondrien eingesetzt worden, berichten John Zhang und Kollegen im Fachjournal „Fertility and Sterility“. Die entstandene Zelle sei im Labor schließlich mit dem Samen des Vaters befruchtet worden. Die britische Zeitschrift „New Scientist“ hatte am Dienstag zuerst über den Fall berichtet.
In den Vereinigten Staaten verboten
Zhang, der normalerweise am New Hope Fertility Center in New York arbeitet, hatte die aus Jordanien stammenden Eltern in Mexiko behandelt, weil die umstrittene Technik dort anders als in den Vereinigten Staaten nicht verboten ist.
Ein ähnliches, in Großbritannien erlaubtes Verfahren, bei dem die Kerne aus bereits befruchteten Eizellen ausgetauscht werden, hatten die Eltern aus Glaubensgründen abgelehnt. Dabei wären Embryonen in einen sehr frühen Entwicklungsstadium verworfen worden.
Mit dem neuen Verfahren entstanden 2015 fünf Embryonen, von denen sich einer normal entwickelte und der Mutter eingesetzt wurde. Nach normaler neunmonatiger Schwangerschaft kam der kleine Junge zur Welt.
Zhang und sein Team testeten das Baby und entdeckten bei ihm nur ein Prozent mutierter Mitochondrien. Nach Hoffnung der ärzte dürfte diese Menge zu gering sein, um Probleme zu machen.
Ethische Bedenken
Erste Reaktionen aus der Fachwelt fielen wegen ethischer Bedenken gegenüber dem Verfahren zumeist verhalten aus. Die Reproduktionsmedizinerin Christine Wrenzycki (Uni Gießen) sagte, mit dieser Technik sei es medizinisch wohl möglich, Frauen mit Funktionsstörungen der Mitochondrien zu einem gesunden Kind zu verhelfen. „Ethisch wird die Beteiligung von drei Elternteilen – zweier Mütter und eines Vaters – kontrovers diskutiert.“
Ethiker und Kirchenvertreter hatten nach der Zulassung des britischen Verfahrens seit Anfang vergangenen Jahres scharfe Kritik daran geübt. Dieser Eingriff tangiere die „genetische Identität“ des Menschen- die Auswirkungen seien nicht absehbar. Der behandelnde Arzt John Zhang vom New Hope Fertility Center in New York zeigte sich jetzt dagegen davon überzeugt, ethisch korrekt gehandelt zu haben. „Leben retten ist stets ethisches Gebot“, zitierte der „New Scientist“ den Mediziner.
Der kleine Junge ist nicht das erste Baby mit drei genetischen Eltern. Bekannt geworden war zum Beispiel Alana Saarinen, die ebenfalls Gene von ihrem Vater und von zwei Frauen trägt, allerdings wurde damals eine andere Technik verwendet. Dabei wurden die Mitochondrien nachträglich in die befruchtete Eizelle gegeben (Zytoplasmatransfer). Die Technik ist nach Sicherheits- und Ethikbedenken 2002 in den Vereingten Staaten verboten worden, in Deutschland war sie nie erlaubt.
