Ausland

Nach Anschlag in Ankara: Türkische Gemeinde warnt vor Gewalt auch in Deutschland

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Gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Kurden und nationalistischen Türken drohen laut der Türkischen Gemeinde nach Deutschland überzuschwappen. Die Regierung in Ankara meldet weiter steigende Opferzahlen.

Der Vorsitzende der Turkischen Gemeinde in Deutschland, Gokay Sofuoglu, hat nach dem verheerenden Bombenanschlag in Ankara vor gewaltsamen Auseinandersetzungen von Kurden und nationalistischen Turken und in Deutschland gewarnt. „So wie die Stimmung jetzt gerade in der Turkei ist, befurchte ich eine weitere Eskalation auch hier“, sagte er dem „Kolner Stadt-Anzeiger“. Er beobachte Aufrufe zu ungenehmigten Demonstrationen in den sozialen Medien. Anhänger der verbotenen kurdischen PKK riefen zur Vergeltung auf. Die radikalen Gruppen seien zwar auf beiden Seiten in der Minderheit. Der Chef der Turkischen Gemeinde fugte jedoch hinzu: „Wehret den Anfängen.“

Die Zahl der Todesopfer bei dem Anschlag stieg unterdessen auf 97, wie das Amt von Ministerpräsident Ahmet Davutoglu am Sonntagabend mitteilte. 95 von 97 Todesopfern seien identifiziert, unter den Toten sei ein Palästinenser. Mehr als 500 weitere Menschen wurden bei dem Anschlag am Samstag verletzt. Bei den beiden mutmaßlichen Selbstmordattentätern handelt es sich den Ermittlern zufolge um Männer. Ihre Identifizierung sei noch im Gange. Die turkische Regierung verdächtigt die Islamistenorganisation „Islamischer Staat“ (IS).

Nach Blutbad in Ankara: Proteste gegen Erdogan

Erdogan verurteilt Anschlag

Zwei Explosionen hatten sich am Samstagmorgen inmitten der Teilnehmer einer Friedensdemonstration von linken Gruppen und Parteien ereignet, die sich in der turkischen Hauptstadt vor dem Hauptbahnhof versammelt hatten. Der turkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach von einem „abscheulichen Anschlag“ auf Einheit und Frieden des Landes. Zu dem regierungskritischen Protestmarsch hatte unter anderen die Kurdenpartei HDP aufgerufen.

In der Turkei war in den vergangenen Monaten der Konflikt zwischen der Regierung und den kurdischen Rebellen wieder eskaliert. Seither wurden 140 turkische Sicherheitskräfte bei PKK-Anschlägen und 1700 kurdische Rebellen bei Armee-Bombardements getotet. Die HDP hielt der Regierung Versäumnisse vor und gab ihr eine Mitschuld an dem Anschlag.

Der Grunen-Vorsitzende Cem ozdemir forderte die Europäische Union auf, Gespräche mit Erdogan auf Eis zu legen. „Wir durfen bis zur Wahl am 1. November nichts tun, was als Stärkung von Erdogan verstanden werden konnte“, sagte ozdemir den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Jedes Abkommen wäre ein Signal, dass Erdogan fur uns ein normaler Gesprächspartner wäre. Das kann aber kein Staatschef sein, der den Tod seiner Burger, Polizisten und Soldaten in Kauf nimmt.“ Die Polizei mache ihre Arbeit nicht, „wie so häufig in jungster Zeit, wenn Bomben detonierten“, fugte ozdemir an. „Wer sein eigenes Land ins Chaos sturzt, weil er Angst davor hat, im Falle einer Wahlniederlage fur seine Untaten zur Rechenschaft gezogen zu werden, ist kein verlässlicher Partner.“