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Katalonien: Schlechte Nachrichten für Spanien

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Schlechte Nachrichten für Spanien: Die neue katalanische Regierung will ihre absolute Mehrheit dazu nutzen, den „Unabhängigkeitsprozess“ in Gang zu setzen. In achtzehn Monaten soll er mit der Schaffung eigener „staatlicher Strukturen“ vollendet sein.

Der Sieg der katalanischen Separatisten in der Regionalwahl vom Sonntag ist eine schlechte Nachricht fur Spanien und fur das in der Mitte gespaltene Katalonien selbst. Daruber hinaus ist es knapp drei Monate vor den nationalen Parlamentswahlen ein boses Omen fur den konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy. Der kommende Wahlkampf durfte nun wesentlich im Zeichen der Herausforderung einer neuen katalanischen Regierung stehen, die ihre absolute Mehrheit dazu nutzen will, den „Unabhängigkeitsprozess“ in Gang zu setzen und ihn binnen achtzehn Monaten mit der Schaffung eigener „staatlicher Strukturen“ zu vollenden.

Das verspricht nicht nur einen Verfassungskonflikt, sondern eine potentielle Staatskrise. Denn schon haben die Bundnispartner des alten und willigen, aber noch nicht sicheren katalanischen Ministerpräsidenten Artur Mas das Reizwort vom „zivilen Ungehorsam“ fallen lassen. Die Madrider Zentralregierung will sich fur den Angriff auf den Zusammenhalt des Landes und seine politische Stabilität zunächst mit rechtsstaatlichen Mitteln zu Wehr setzen. Am Dienstag steht im Madrider Parlament ein von Rajoy im Eilverfahren eingebrachtes Gesetz zu Verabschiedung an, welches dem Verfassungsgericht in Sachen Katalonien scharfe Zähne geben soll. Es „ermächtigt“ die Richter, auch einen regionalen Regierungschef wie Mas abzusetzen, falls dieser sich ihren Entscheidungen widersetzt.

Unabhängigkeit als Ziel: Separatisten gewinnen Wahl in Katalonien

Ergebnis mit Schonheitsfehler fur Mas

Der Wahlsieg der Separatisten, die zwar eine klare absolute Mehrheit der Sitze im Parlament zu Barcelona errangen, hat gleichwohl einen Schonheitsfehler. Die Abstimmung war von ihnen als „Plebiszit“ uber die Unabhängigkeit präsentiert worden. Dafur fehlen jedoch auf der Stimmenseite die 50 Prozent. Bei einer Rekordwahlbeteiligung von 77 Prozent kamen sich der kritischen Grenze mit fast 48 Prozent aber schon sehr nahe. Deshalb argumentierte ein triumphierender Mas auch, dass er diese wohl erreicht hätte, wenn die Zentralregierung den Katalanen gestattet hätte, ein regelrechtes Referendum nach dem Vorbild Schottlands abzuhalten. Daraus wird, schon weil die spanische Carta Magna derlei nicht vorsieht, gleichwohl so schnell nichts werden. Denn gegenwärtig sieht es so aus, als wolle zumindest Rajoy – von seiner Verfassungsgerichtsstrategie abgesehen – den katalanischen Konflikt lieber „einfrieren“, so dass die weitere Auseinandersetzung dann von der nächsten spanischen Zentralregierung abhängen wird.

Ob diese noch einmal von Rajoy gefuhrt werden wird, ist nach dem katalanischen Sonntag noch ungewisser geworden. Denn seine konservative Volkspartei war dort die große Verliererin. Sie schrumpfte zu einer der kleinsten Gruppen im Parlament und wurde weit von der jetzt zweistärksten Kraft, der neuen burgerlichen Partei Ciudadanos, uberholt. Deren nationaler Spitzenkandidat Albert Rivera, der voraussichtlich als einziger Rajoy zu einer Mehrheit verhelfen konnte, sagt bislang, dass er mit dem Partido Popular allenfalls ohne den Ministerpräsidenten paktieren werde. Gleichzeitig liebäugelt er insgeheim schon mit einem Bundnis mit den Sozialisten unter deren Spitzenkandidaten Pedro S&aacute-nchez.

Eine solche Mitte-Links-Koalition konnte außer den Konservativen sogar die „Podemos“-Partei ausbremsen. Die Populisten von Pablo Iglesias, dem Mann mit dem Pferdeschwanz, haben nämlich in Katalonien unerwartet fast so schlecht abgeschnitten wie Rajoys Volkspartei. Die politischen Karten in Spanien werden also unter dem Eindruck der katalanischen Bredouille neu gemischt werden. Und die damit verbundenen Risiken und Instabilitäten kommen ausgerechnet zu dem kritischen Augenblick, da sich die Wirtschaft des Landes zu erholen beginnt. Auch das durfte noch einen iberischen Schatten werfen.