Medizin

EU-Kommission: „Pille danach“ wird ohne Rezept abgegeben

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In Zukunft können Frauen die „Pille danach“ ohne Rezept EU-weit in der Apotheke kaufen. Die EU-Kommission nahm damit Deutschland eine umstrittene Entscheidung ab, denn hier sträubte man sich bislang gegen diese Regelung – will ihr nun aber folgen.

Wenn eine Frau in Deutschland nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit der „Pille danach“ doch noch verhüten wollte, musste sie bislang einen Frauenarzt aufsuchen, der ihr das Notfallmedikament verschreibt. Mit dem Rezept konnte sie die „Pille danach“ dann in der Apotheke kaufen. Durch einen aktuellen Entscheid der EU-Kommission wird diese Regelung nun nichtig. In Zukunft können Frauen die „Pille danach“ in der EU ohne ein Rezept in der Apotheke kaufen. Mit der Freigabe des Medikaments EllaOne (Wirkstoff Ulipristalacetat) folge die EU-Kommission einer Empfehlung der europäischen Arzneimittelbehörde (Ema) vom November. Die Bundesregierung hatte sich lange gegen eine Befreiung von der Rezeptpflicht gesträubt. Am heutigen Donnerstag teilte das Bundesministerium für Gesundheit mit: „Wir werden der Entscheidung der Kommission folgen und das deutsche Recht für beide Präparate, die derzeit auf dem Markt sind, schnellstmöglich anpassen.“

Ulipristalacetat ist nur einer von zwei Wirkstoffen, die in Form der „Pille danach“ erhältlich sind. Ulipristalacetat verhindert den Eisprung der Frau und damit die Vereinigung der Eizelle mit einer der Samenzellen, die sich nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr in der Gebärmutter befinden. Das heißt, dass das Mittel nicht hundertprozentig wirksam ist. Hat der Eisprung schon stattgefunden, wenn das Medikament eingenommen wird, kann ein Mittel, das nur den Eisprung stoppt, eine Schwangerschaft nicht verhindern.

Freigabe gilt EU-weit

Nachdem EllaOne 2009 zugelassen wurde, unterlag sie bislang in der EU der Verschreibungspflicht. Die Vorsichtsmaßnahme diente dazu, noch unbekannte Nebenwirkungen zu erkennen. Dieser Prozess ist aus Sicht der Ema jetzt aber abgeschlossen. Die Freigabe gilt EU-weit, weil das Mittel auch zentral von Brüssel aus zugelassen wurde.

Anders sieht es aus bei der Verschreibungspflicht der zweiten Pille danach auf dem europäischen Markt. Pidana (mit dem Wirkstoff Levonorgestrel, der ebenfalls den Eisprung verhindert) wurde in den EU-Ländern separat zugelassen. Deshalb können auch die einzelnen Länder selbst darüber entscheiden, ob sie die Rezeptpflicht fallenlassen. In Frankreich kann man dieses Medikament schon seit 1999 ohne Rezept in der Apotheke kaufen. In Deutschland gab es eine jahrelange Debatte über diese Frage. Die Pille Pidana wurde nie von der Rezeptpflicht befreit – obwohl etwa sogar die Weltgesundheitsorganisation WHO sich schon vor vier Jahren in einem „Factsheet“ für eine Rezeptfreiheit solcher Levonorgestrel-Präparate ausgesprochen hat.

Doch eine „Abtreibungspille“?

Das neuere Mittel Ulipristalacetat, das nun EU-weit nicht mehr rezeptpflichtig ist, war allerdings noch weitaus umstrittener als das ältere Präparat, und zwar insbesondere, weil neue Studienergebnisse den Verdacht nahelegten, dass der Stoff auch eine „abtreibende“ Wirkung entfaltet, also nicht nur den Eisprung verhindert, sondern auch die Einnistung eines möglicherweise schon entstandenen frühen Mehrzellstadiums in die Gebärmutterschleimhaut. So schrieben etwa Wissenschaftler um Bruno Mozzanega von der Universität in Padua Anfang 2014 im Fachmagazin „Reproductive Sciences“ nach kritischer Durchsicht der maßgeblichen Studien auf dem Gebiet: „Die Effektivität des Mittels geht mit großer Wahrscheinlichkeit auf die dramatischen Auswirkungen zurück, die das Produkt auf die Gebärmutterschleimhaut hat.“ Das würde auch erklären, warum Levonorgestrel maximal 72 Stunden nach dem ungeschützten Verkehr genommen werden sollte, während Ulipristalacetat noch fünf Tage nach dem Sex – und zudem für ein Mittel, das nur vor dem Eisprung wirkt, auch erstaunlich zuverlässig – schützt. Ella One würde somit in seiner Wirkung der „Abtreibungspille“ Mifegyne entsprechen.

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Durch die Entscheidung der EU-Kommission werden nun in Deutschland neue Wege diskutiert, die Verbraucher über die Hintergründe aufzuklären, bevor sie sich für die Einnahme entscheiden. Der zuständige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hatte schon zuvor angedeutet, dass auch eine „intensive Information in den Apotheken der richtige Weg“ sein könnte. Etwa nach dem Vorbild der Schweiz: Hier ist eine strukturierte Information mit Beratungsbogen verpflichtend. „Da diese Beratung nun aufgrund der Brüsseler Entscheidung nicht mehr durch einen Arzt vorgenommen werden muss, ist eine qualitativ gute Beratung auch in den Apotheken der richtige Weg“, teilte das Bundesministerium für Gesundheit am heutigen Donnerstag mit. Wie genau man verfahren wird, soll noch beraten werden, heißt es in der Stellungnahme weiter. Das Bundesgesundheitsministerium werde jetzt die Frauenärzte, die Apotheken und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte dazu einladen, gemeinsam Kriterien für eine qualitativ hochwertige Beratung zu entwickeln.