Gesellschaft

Urteil in München: Im Zweifel gegen den Dicken

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Einen Ballettkurs für Senioren wollte er besuchen – und fiel damit auf die Nase. Weil er sich verletzte, verklagte ein älterer Herr den Verein auf Schmerzensgeld. Das Gericht wies die Klage ab: Der Mann war zu dick.

Am 20. März 2012 betrat ein 75 Jahre alter Mann in München den Turnraum seines Sportvereins. Der rüstige ältere Herr – zu dem Zeitpunkt 125 Kilogramm schwer – wollte an die Ballettstange, da er einen Ballettkurs für Senioren gebucht hatte. Die Stange war an der Wand angebracht, mit Halterungen, die stufenlos in der Höhe verstellbar waren. Der Mann musste nur eine Schraube lockern, um die Stange auf eine Höhe zu bringen, die ihm genehm war.

Dafür muss nur eine Drehkopfschraube gelockert werden, um die Wandhalterung in der Wandschiene zu verschieben, und anschließend diese Schraube in der für den Benutzer passenden Höhe wieder angezogen werden. Kein besonderes Werkzeug ist dafür erforderlich. Dann schwang der Mann sein rechtes Bein auf die Ballettstange. Mit dem linken Fuß stand er seitlich zur Stange. Die Stange hatte nicht nur das rechte Bein, sondern teilweise auch die rechte Gesäßhälfte des Mannes zu tragen. Offenbar war das der Stange zu viel.

Das Gerät sei defekt gewesen

Plötzlich, so sagte der Mann später vor Gericht, habe sie unter ihm nachgegeben und sei etwa 50 Zentimeter bis auf Kniehöhe nach unten gerutscht. Zu einer Innenmeniskusläsion führte, dass er bei dem Ruck sofort in sein linkes Knie zusammengesackt sei. Also verklagte er vor dem Amtsgericht München seinen Verein auf Schmerzensgeld. Die Schraube habe er fest angezogen, doch das Gerät sei defekt und der Verein dafür verantwortlich gewesen, dass kein „Bedienungsfehler“ habe entstehen können.

Das Gericht sah es anders und wies seine Klage im August vergangenen Jahres zurück. Der Verkehrssicherungspflichtige, also der Verein, müsse nicht für alle denkbaren Möglichkeiten des Schadenseintritts Vorsorge treffen. Es genügten diejenigen Vorkehrungen, die zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar seien, die also „ein umsichtiger und verständiger Mensch“ für notwendig und ausreichend halten darf, um andere vor Schaden zu bewahren.

„Vergleichbar einem Barhocker“

Der Mann legte Berufung ein, doch das Landgericht hielt das Urteil, wie das Amtsgericht nun bekanntgab. Der Verein habe keinen „zusätzlichen Gefahrenkreis für die Schädigung geschaffen“. Er sei nur verpflichtet gewesen, eine Ballettstange zur Verfügung zu stellen, die für den „für das Gerät vorgesehenen Gebrauch“ geeignet sei. Bei „zweckentfremdeter Nutzung“ bestehe keine Verkehrssicherungspflicht.

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Doch eine Ballettstange werde dann zweckentfremdet benutzt, wenn sie von einem Kursteilnehmer mit einem Gewicht von 125 Kilogramm „vergleichbar einem Barhocker“ genutzt werde. Die Übungsleiterin habe auch nicht ihre Aufsichtspflicht verletzt. Der Kläger sei erfahren gewesen und die Handhabung der Stange sehr einfach. Unter diesen Umständen habe sie auch nicht prüfen müssen, ob die Schraube richtig angezogen gewesen sei. Das Urteil ist rechtskräftig.