Natur

Keine Regeln zu Wirkung und Auftreten der Eisheiligen

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Die Eisheiligen kommen nun schon seit Jahrzehnten ohne Eis daher. Feste Regeln zu ihrem Auftreten und Wirken gibt es nicht. Und der April macht auch nicht mehr, was er will.

Nichts fürchtet der Gärtner mehr als einen knackigen Spätfrost. Wenige Grad unter dem Gefrierpunkt reichen aus, um saftig-grüne Triebe über Nacht in braunen Matsch zu verwandeln. Empfindliche Gewächse wie Tomaten und Geranien haben jetzt noch nichts im Freien zu suchen, wissen Bauern wie Gärtner. Spätfröste, sagen sie, treten erst dann nicht mehr auf, wenn die heute anrückenden Eisheiligen überstanden sind.

„Pankrazi, Servazi und Bonifazi sind drei frostige Bazi. Und zum Schluss fehlt nie die kalte Sophie“, lautet die alte Wetterregel in Bayern. Doch weder von den Bazis noch von der Sophie ist in diesem Jahr etwas zu spüren. Laut Wetterbericht werden die fünf Eisheiligen (im Norden zählt man noch Mamertus hinzu), die vom 11. bis 15. Mai auftreten sollten, auch diesmal ihrem Ruf nicht gerecht. Es wird zwar nass und nicht allzu warm. Doch Nachtfrost ist keiner zu erwarten.

Haben die Eisheiligen ausgedient? Statistisch ist die Antwort eindeutig. „Heutzutage treten Fröste Mitte Mai in Deutschland fast nur noch in den Mittelgebirgen und ungünstig exponierten Lagen auf“, sagt Peter Bissolli vom Deutschen Wetterdienst (DWD) nach einer exklusiven Datenauswertung für diese Zeitung. Vor allem im Süden lassen sich die Eisheiligen so gut wie gar nicht mehr blicken oder sind gar zu Schweißheiligen geworden.

Keinen Frost zu den Eisheiligen seit 1981

Zwischen 1981 und 2013 war es an den fraglichen Terminen in Freiburg und München weitaus häufiger warm als kalt. 70 Prozent aller Tage vom 11. bis 15. Mai fielen entweder zu warm oder eben dem Durchschnitt entsprechend aus. Lediglich in Hamburg hielten sich zu kalte und zu warme Tage die Waage. Unter null sackte das Thermometer in diesen 33 Jahren allerdings auch dort meistens nicht. In Freiburg gab es zu den Eisheiligen seit 1981 keinen Frost mehr. Einzig in München wurden an drei Tagen Minustemperaturen gemessen.

Diese Beobachtungen decken sich mit denen aus der Schweiz: „Der den Eisheiligen nachgesagte Effekt der erhöhten Frostgefahr existiert nicht“, sagt Stephan Bader von Meteo Schweiz, dem Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie in Zürich. Eine spezielle Phase im Mai mit gehäuftem Auftreten von Bodenfrost sei einfach nicht feststellbar. Ob das nun eine Folge des Klimawandels ist, lässt sich so oder so beantworten.

Keine signifikante Häufigkeit frostiger Tage

Auch wenn sich an der Zahl der Kaltlufteinbrüche im Mai kaum etwas verändert hat, fallen sie aufgrund der globalen Erwärmung seltener frostig aus. Andererseits konnte Peter Bissolli in Untersuchungen für die Jahrzehnte davor ebenfalls keine signifikante Häufigkeit frostiger Tage zu den Eisheiligen nachweisen. Und selbst zu Beginn des 20. Jahrhunderts findet sich kein Beleg für die Richtigkeit jener Regel. Darauf hat der österreichische Meteorologe Julius von Hann nach Durchsicht mehrerer Studien bereits 1906 in seinem Lehrbuch verwiesen.

Entbehrt der Volksglaube also jeglicher Basis? Der deutsche Meteorologe Wolfgang Weischet schrieb in seiner 1980 erschienenen Monographie über die Klimatologie, dass die Eisheiligen „ihre Treffsicherheit im Laufe der Zeit eingebüßt haben, weil sich die Rhythmik des Witterungsablaufs selbst etwas geändert hat“.

So seien Kälteeinbrüche zu den Eisheiligen noch im 18. und im frühen 19. Jahrhundert mit erstaunlicher Pünktlichkeit erwartet und registriert worden – übrigens tatsächlich in den Tagen um den 11. bis 15. Mai, was bedeutet, dass Mamertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius und Sophie erst nach der Kalenderreform Papst Gregors XIII. von 1582 an zu ihrem eisigen Ruf kamen, denn im zuvor gebräuchlichen julianischen Kalender standen sie zehn Tage später an. In den Jahrzehnten nach 1845, schreibt Weischet, seien die Kälteeinbrüche dann unpünktlicher geworden oder überhaupt weggeblieben.