Medizin

Alzheimer-Forschung: Neue Ideen dringend gesucht

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Bislang sind alle Versuche gescheitert, Alzheimer zu heilen. Es kann sein, dass sie in die falsche Richtung gingen.

PreviewPagemarker“ id=“pageIndex_1″>Die gesamte Alzheimer-Forschung steht zurzeit an einem Scheideweg. Einerseits hat sie erstaunliche Einsichten in die molekularen Ursachen verschiedener Formen von Demenz gewonnen. Andererseits ist nicht klar, ob sich daraus klinisch bedeutsame Fortschritte ableiten lassen. Es ist nicht einmal ausgeschlossen, dass alle laufenden Versuche scheitern. Dann stände unserer Gesellschaft eine harte soziale Probe bevor. Und zwar sowohl menschlich wie ökonomisch, weil mit den geburtenstarken Jahrgängen ein ganzes Heer von Demenzkranken heranwachsen könnte, die von immer weniger Angehörigen und Pflegekräften betreut werden müssten (siehe Kasten am Textende: „Immer älter, immer mehr“).

Bislang stehen die Mediziner mit leeren Händen da und können Alzheimer-Patienten keine wirksame Therapie anbieten. Eine eminent politische Frage lautet daher: Wohin soll man die knappen Ressourcen lenken? Lieber verstärkt in humane Pflegemodelle investieren? Oder noch mehr Geld in neue Forschungsideen pumpen?

Bisher alle Therapien am Menschen fehlgeschlagen

Betrachtet man die laufenden Studien, folgen diese naturgemäß dem optimistischen Ansatz. Demnach würden im Prinzip schon die passenden Wirkstoffe getestet und die richtigen Zielscheiben im Gehirn angesteuert. Die Mehrheit der Hirnforscher nimmt an, dass zwei Eiweiße im Mittelpunkt der Erkrankung stehen, die schon Alois Alzheimer bei der Autopsie seiner ersten Demenzpatientin entdeckte. Es sind die Amyloid-Aggregate und die Tau-Fibrillen.

Die ersten, mit Milliardenaufwand entwickelten Wirkstoffe richteten sich gegen die Amyloide. Einige Substanzen waren zwar nachweislich imstande, Amyloid-Plaques in Mäusehirnen aufzulösen. Doch als sie an menschlichen Kranken getestet wurden, folgte eine Enttäuschung auf die andere. Weder halfen sie, die kognitive Leistungsfähigkeit von Alzheimerpatienten zu verbessern, noch vermochten sie, die verbliebenen Gedächtnisleistungen zu stabilisieren.

Dass alle bisherigen Anti-Amyloid-Therapien fehlgeschlagen sind, erklären sich die Optimisten unter den Forschern inzwischen damit, dass die Versuche bei Patienten mit manifesten Gedächtnisproblemen schlicht zu spät kamen. Dass auch alle Therapieansätze gescheitert sind, die sich gegen die Tau-Ablagerungen richten, sei wiederum der Schwierigkeit geschuldet, diese gezielt zu treffen. Tatsächlich verknäueln sich die neurotoxischen Tau-Bündel im Inneren von Nervenzellen und lassen sich kaum von lebenswichtigen normalen Formen dieses Proteins unterscheiden.

Schleichendes Nervenleiden

Seit Januar dieses Jahres läuft immerhin in der klinischen Phase drei eine einsame Studie an Patienten mit leichter bis mittelschwerer Demenz. Claude Wischik von der schottischen Universität Aberdeen und die von ihm gegründete Firma Taurx wollen darin einen Wirkstoff namens LMTX erproben. Dabei handelt es sich um eine chemische Variante des uralten Farbstoffes Methylenblau. Wischik will den Beweis erbringen, dass Tau-Fibrillen und nicht Amyloid- der Schlüssel zu einer wirksamen Therapie sind. Bis die Ergebnisse dieser Studie vorliegen, an der auch sieben deutsche Kliniken teilnehmen, werden allerdings noch einige Jahre vergehen.