
Bislang müssen Betriebe, die Strom selbst produzieren, darauf keine Ökostrom-Umlage zahlen. Das soll sich nach Informationen der F.A.Z. ändern. Die Stromrechnung der Industrie könnte um einen dreistelligen Millionenbetrag steigen.
Die Bundesregierung plant im Zuge der Reform der Ökostromförderung zusätzliche Belastungen der Unternehmen in dreistelliger Millionenhöhe. Das folgt aus einem der F.A.Z. vorliegenden Anhang zum Beschluss der Eckpunkte zur Reform des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG), die das Kabinett am Mittwoch billigte.
In dem Anhang werden die Pläne von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) konkretisiert. Unter anderem geht es darum, dass künftig auch diejenigen die Ökostromumlage bezahlen sollen, die Strom nur für den Eigenverbrauch produzieren. Die Chemieriesen Bayer und BASF, Auto-Konzerne wie Volkswagen und BMW sowie viele kleinere Industriebetriebe sind zum Teil Strom-Selbstversorger. Im Gegensatz zu bisherigen Ankündigungen sollen nicht nur neue Anlagen, sondern auch bestehende teils mit der Umlage belastet werden. In Industriekreisen löste das helle Empörung aus.
Aus dem Papier geht hervor, dass Betreiber von bestehenden Eigenstromanlagen für jede erzeugte Kilowattstunde künftig knapp 1 Cent Umlage zahlen müssten – die Differenz zwischen der alten Umlage von 5,28 Cent und der seit Januar geltenden Umlage von 6,24 Cent. Die Eigenstromerzeugung ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen, teils weil die Betriebe ihre Versorgungssicherheit gewährleisten wollten, mehr aber noch, weil sie die EEG-Umlage und Netzkosten sparen wollten.
Die Eigenstromerzeugung lag zuletzt nach unterschiedlichen Angaben aus Industriekreisen bei mehr als 50 Terawattstunden. Umgerechnet liefe das auf eine Zusatzbelastung von mehr als 500 Millionen Euro hinaus. Allerdings ist in diesen Zahlen auch der Eigenstromverbrauch der Kraftwerke enthalten, die explizit ausgenommen werden sollen. Für Neuanlagen sieht das Papier eine Umlage 5,7 Cent je Kilowattstunde vor. Diese wird für Anlagen, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden, auf 4,4 Cent reduziert.
Die Wirtschaft reagierte empört auf die Umlage-Pläne. Denn in den Eckpunkten steht ausdrücklich: „Der Vertrauensschutz für bestehende Anlagen wird gewährleistet.“ Ein Manager der energieintensiven Wirtschaft sagte der F.A.Z. zu den Umlage-Plänen: „Wenn das so kommt, wäre das eine Katastrophe.“ Auch wurde darauf verwiesen, dass Gabriel erst am Vortag öffentlich vor Managern der Energiewirtschaft erklärt hatte, die Grenze der Belastbarkeit der Wirtschaft sei mit EEG-Kosten von 22 bis 24 Milliarden Euro jährlich erreicht. Niemand hatte erwartet, dass diese Kosten gesenkt würden, indem den Betrieben neue Kosten aufgebürdet werden. Ausdrücklich ausgenommen von der neuen Umlage auf die Eigenstromerzeugung sind kleine Anlagen bis 10 Kilowatt. Das betrifft vor allem kleine Solaranlagen auf Hausdächern.
