
Sieben Jahre nach dem Beitritt zur EU erfüllen Rumänien und Bulgarien immer noch nicht die europäischen Standards im Justizwesen. Allerdings werden im jüngsten Kommissionsbericht zum Rechtsstaat Bukarest größere Fortschritte bescheinigt als Sofia – auch bei der Korruptionsbekämpfung.
Sieben Jahre nach dem Beitritt zur EU erfüllen Rumänien und Bulgarien immer noch nicht die europäischen Standards im Justizwesen. Das geht aus den neuesten Berichten zur Lage des Rechtsstaats in den beiden Ländern hervor, die die Europäische Kommission am Mittwoch veröffentlichte. In Rumänien wie Bulgarien hält sie die Unabhängigkeit der Justiz für gefährdet und sieht weiter Mängel in der Korruptionsbekämpfung- allerdings fällt das Urteil über Rumänien deutlich besser aus als das über Bulgarien. Die EU-Behörde empfiehlt, beide Länder weiter unter Beobachtung zu halten, und schlägt vor, in einem Jahr neue Berichte vorzulegen. Ob das geschieht, muss allerdings die neue Kommission entscheiden, die nach den Europawahlen in Mai eingesetzt wird.
Bulgarien und Rumänien wurden 2007 trotz bekannter Defizite in der Rechtsstaatlichkeit in die EU aufgenommen. Zum Ausgleich wurde die Kommission beauftragt, regelmäßige Berichte über den Stand der Justizreform in den beiden Staaten zu verfassen. Im Lauf der Jahre änderte sich der Grundton dieser Berichte wenig, auch wenn Rumänien seit einiger Zeit besser bewertet wird. Ein Sprecher der Kommission sagte, es habe sich im Nachhinein herausgestellt, dass die halbjährliche Veröffentlichung der Berichte nicht sinnvoll gewesen sei, weil das zu kurzfristigem Aktionismus in den Ländern geführt habe.
Rumänien hatte noch vor eineinhalb Jahren einen sehr kritischen Bericht erhalten, als Ministerpräsident Victor Ponta mit verfassungsrechtlich fragwürdigen Mitteln einen Machtkampf gegen Präsident Traian Băsescu führte. Der Bericht vom Mittwoch bescheinigt dem Land nun viele Fortschritte in der Justizreform und bei der Korruptionsbekämpfung. „Die Erfolgsbilanz der wichtigsten Justizorgane und der für Integritätsfragen zuständigen Stellen fällt trotz mitunter schwieriger Rahmenbedingungen nach wie vor positiv aus.“ Notwendige Gesetzesänderungen seien auf gutem Wege und es herrsche ein Geist der Zusammenarbeit zwischen den Justizstellen und dem Justizministerium. Dazu habe auch die entspanntere politische Lage beigetragen. Trotzdem mache sich die Kommission weiter Sorgen um die Unabhängigkeit der Justiz und es gebe viele Beispiele dafür, dass die Korruptionsbekämpfung auf Widerstand stoße. Die Kommission lässt Zweifel daran erkennen, dass der Reformprozess in Rumänien dauerhaft und unumkehrbar ist.
Bulgarien werden nur „einige wenige Fortschritte“ bescheinigt, etwa bei Ernennungsverfahren in der Justiz. „Der Gesamtfortschritt ist jedoch noch nicht ausreichend und bleibt prekär“, schreibt die Kommission. Als Beispiele nennt sie die Flucht von überführten Kriminellen aus dem Bereich des organisierten Verbrechen vor der Justiz und Enthüllungen über politische Einflussnahme auf die Justiz. Beiden Ländern wird, wie schon in den vergangenen Berichten, eine Liste mit Empfehlungen zur Verbesserung der Lage übermittelt.
Der Tenor beider Berichte ist für die Frage wichtig, ob Bulgarien und Rumänien demnächst dem Schengen-Raum beitreten dürfen. Obwohl sie die technischen Voraussetzungen dafür seit langem erfüllen (Grenzsicherung), haben Deutschland und Frankreich eine Aufnahme unter Hinweis auf die Rechtsstaatsdefizite bisher verhindert. Ob sich im Bundesinnenministerium mit dem Wechsel von Hans-Peter Friedrich (CSU) zu Thomas de Maizière (CDU) hier eine Positionsänderung ergeben wird, ist noch unklar. Die nächste Sitzung der EU-Innenminister, auf der das Thema besprochen werden könnte, ist Anfang März.
