Wirtschaft

Mehr Treffer als erwartet

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Konjunkturprognosen bestehen den Realitätstest oft nicht. Für 2013 waren sie recht erfolgreich – wenn man von Schönheitsfehlern absieht.

Die Finanzkrise hat nicht nur das Vertrauen in die Banken ruiniert. Auch die Konjunkturforscher haben in der Krise viel Kredit verspielt: Noch im Oktober 2008, knapp einen Monat nach der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers, prognostizierten die fünf führenden Forschungsinstitute in ihrer Gemeinschaftsdiagnose Wachstum für das folgende Jahr. Das Einbrechen der Wirtschaftsleistung um 5 Prozent sahen sie ebenso wenig kommen wie die rasche Erholung ein Jahr später.

Die realitätsfernen Prognosen in den Krisenjahren schürten Zweifel, ob die aufwendigen Berechnungen der Volkswirte überhaupt zu gebrauchen sind. Doch so unpräzise die Vorhersagen von einst, so treffend waren sie für das zurückliegende Jahr 2013. Beinahe ausnahmslos sagten Forschungsinstitute, Bankenvolkswirte und internationale Institutionen das Wachstum des deutschen Bruttoinlandsproduktes (BIP) und die Inflationsrate recht gut voraus. Etwas stärker schwankte die Vorhersage der Arbeitslosigkeit, die von der OECD, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU-Kommission zu optimistisch eingeschätzt wurde.

Gäbe es eine Auszeichnung für die genaueste Jahresprognose 2013, hätte die Deutsche Bundesbank gute Chancen, sie zu gewinnen. Anfang Dezember bezifferten die Volkswirte der Notenbank mit Sitz Frankfurt das BIP-Wachstum auf 0,4 Prozent und die Inflation auf 1,5 Prozent. Kurz bevor die endgültigen Zahlen für das abgelaufene Jahr vorliegen, scheinen beide Zahlen genau zuzutreffen. Im Jahresschnitt erwartete die Bundesbank zudem eine Arbeitslosenquote von 7,0 Prozent, tatsächlich betrug sie in den Monaten Januar bis November im Schnitt 6,9 Prozent. Auf die Nachkommastelle zutreffend war auch die Wachstumsprognose der DZ Bank. Die Preissteigerung (2,1 Prozent) und die Arbeitslosenquote (7,1) überschätzen die DZ-Volkswirte etwas.

Eine Reihe von Prognosen verpassten eine Punktlandung nur minimal: Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) und die Deutsche Bank errechneten vor Jahresfrist ein Wachstum des BIP von 0,3 Prozent. Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI), die Commerzbank (jeweils 0,5 Prozent) sowie das Münchener Ifo-Institut und das Hallenser Institut für Wirtschaftsforschung (jeweils 0,7 Prozent) waren etwas zu optimistisch.

Mit einer Wachstumsprognose von jeweils knapp 1 Prozent lagen die internationalen Institutionen IWF und EU-Kommission ein gutes Stück über dem tatsächlichen Wert. Sie haben ihre Prognosen aber schon im Spätherbst abgegeben, als auch die Forschungsinstitute noch positivere Erwartungen hatten. Erst als sich abzeichnete, dass das vierte Quartal 2012 überraschend schlecht lief, korrigierten diese ihre Schätzungen nach unten. Das erklärt auch, warum die fünf führenden Forschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten noch mit 1 Prozent Wachstum rechneten und den Wert im Januar auf 0,4 Prozent herabsetzten. Vergleichsweise weit daneben lag die Prognose des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Im Oktober 2012 rechneten die Berliner Konjunkturforscher noch mit einem kräftigen Wachstumsschub von 1,6 Prozent, die Korrektur zum Jahreswechsel auf 0,9 Prozent war immer noch zu optimistisch.

Präzise Prognosen bedeuten allerdings nicht, dass die Forscher die Entwicklungen in den verschiedenen Wirtschaftsbereichen genau vorhersehen. Im Gegenteil – die exakte Einschätzung der Bundesbank beispielsweise beruht eher auf der Summe mehrerer kleiner Fehlprognosen. Im letzten Monatsbericht 2012 analysierten die Volkswirte der Bundesbank: „Insbesondere eine Belebung der Investitionstätigkeit sollte der deutschen Wirtschaft zugutekommen.“ Eine entscheidende Rolle für die leichte Belebung wiesen sie der Zunahme der Exporte zu. Doch ausgerechnet diese beiden Faktoren schwächelten im zurückliegenden Jahr, während der private Konsum zum Wachstumstreiber avancierte. Die wichtige Bedeutung des Konsums hat beispielsweise das DIW, trotz der insgesamt schlechteren Vorhersage, schon im Januar betont.

Nicht ganz so genau wie für Deutschland fielen die Wachstumsprognosen für den Euroraum aus. Während das Statistikamt Eurostat derzeit für 2013 mit einem Rückgang des BIP in den Euroländern von 0,4 Prozent rechnet, erwartete die Mehrzahl der Institute und Banken ein schnelleres Abklingen der Krise und ein geringes Wachstum. Mit vorsichtigen Prognosen lagen das Ifo-Institut und die Deutsche Bank (jeweils Minus 0,2) sowie die Europäische Zentralbank (Minus 0,3 Prozent) besonders gut.

Zumindest einen des in der Krise verlorengegangenen Kredits dürften sich die Konjunkturforscher damit zurückerkämpft haben. Für das neue Jahr verheißt die hohe Treffsicherheit Gutes: Fast alle Volkswirte rechnen mit knapp 2 Prozent Wachstum.