
Die EZB hat die Leitzinsen schon rekordtief gesenkt. Die Deutsche Bank prognostiziert nun, dass sie nächstes Jahr in großem Stil Wertpapiere kaufen wird, um die schwache Wirtschaft an zu schieben.
Als erstes großes deutsches Kreditinstitut sagt die Deutsche Bank voraus, dass die Europäische Zentralbank nächstes Jahr einen breit angelegten Wertpapierkauf startet. „Der Druck auf die EZB wird zunehmen, Quantitative Easing zu betreiben“, sagte der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau, vor Journalisten in Frankfurt.
Dieses Quantitative Easing (QE, Quantitative Lockerung) könne darin bestehen, dass die EZB einen großen Korb von europäischen Staatsanleihen kaufe, womöglich anteilig zur Größe der Volkswirtschaften, und vielleicht zudem auch Unternehmensanleihen. Damit vermeide die EZB die rechtlichen Probleme eines gezielten Kaufs der Anleihen von finanziell angeschlagenen Krisenländern. Ihr Ziel wäre es, die nach der langen Rezession angeschlagene Wirtschaft der Eurozone indirekt zu stärken.
Viele faule Kredite belasten Europas Banken
In Europa ist nach Ansicht der Deutschen Bank im kommenden Jahr nur geringes Wirtschaftswachstum von rund 1 Prozent zu erwarten. Den europäischen Bankensektor hält der Deutsche-Bank-Chefvolkswirt weiterhin für schwer beschädigt. In den Bankbilanzen versteckten sich notleidende Kredite von „weit über eine Billion Euro“, sagte Folkerts-Landau. Er zog Parallelen zu Japan, wo seit den frühen neunziger Jahren sogenannte „Zombiebanken“ entstanden waren.
Folkerts-Landau hält für möglich, dass rund ein Drittel der Summe fauler Kredite abgeschrieben werden. Um das Bankensystem zu wirklich zu bereinigen sei vielleicht sogar eine halbe Billion Euro notwendig. So viel Geld sei aber nicht aufzutreiben. Deshalb hält er den Bankensektor weiter für „paralysiert“. Er könne kaum Kredite vergeben.
Die EZB hingegen habe nur noch wenige Möglichkeiten, um der mit einer schwachen Wirtschaftsentwicklung einhergehenden deflationären Tendenz entgegenzuwirken. Den Leitzins von derzeit 0,25 Prozent weiter zu senken bringe nicht mehr viel, negative Einlagenzinsen für Banken wirkten verzerrend. „Am Ende wird die EZB auf eine echte Quantitative Lockerung zurückkommen müssen“, sagte Folkerts-Landau. Dies sei in einigen Quarten zu erwarten, auch wenn es dagegen noch erhebliche Widerstände und Bedenken, vor allem wohl aus Deutschland, geben werde.
Die amerikanische, die britische und die japanische Zentralbank betreiben bereits ein aggressives „Quantitative Easing“ (QE). Sie haben die Zinsen damit noch tiefer gedrückt und die Kurse an den Wertpapiermärkten in die Höhe getrieben. „In den Vereinigten Staaten hat das QE einen riesigen Vermögenseffekt gehabt“, betonte Folkerts-Landau. Die Bürger sahen ihre gewachsenen Wertpapierdepots und konsumierten mehr.
Zugleich warnte er, dass aus QE auch ein „sehr starker umverteilender Effekt“ – eine Umverteilung nach oben – resultiere. Dies sei „ein wichtiges Problem“ in Amerika. In Europa hätte ein QE noch stärker umverteilende Effekte zugunsten der Reichen, weil die Quote der Aktionäre und Wertpapierbesitzer in der breiten Bevölkerung hierzulande geringer ist als in Amerika. Aus diesem Grunde würde QE in Europa auch weniger stark stimulierend auf die Volkswirtschaft wirken.
