
Vor dem Europäischen Parlament probt EZB-Präsident Mario Draghi den Kommunikations-Spagat: Er erkennt manchen Plan an, ohne ihn nach vorne zu treiben.
Die Europäische Zentralbank probt weiter den Kommunikations-Spagat: Auf der einen Seite lässt sie wissen, dass sie in der Stunde der (nächsten) Not nicht zögern wird, der Wirtschaft, der Währungsunion und den Banken unter die Arme zu greifen. Auf der anderen Seite macht sie klar, dass diese Not nicht schon wegen zweier schlechter Konjunkturkennzahlen ausbricht.
Eine solche Zahl berichtete an diesem Donnerstag die Statistikbehörde Eurostat. Die Unternehmen der Währungsunion haben im Oktober rund 1,1 Prozent weniger Waren hergestellt als im September. Der Rückgang ist der größte seit einem Jahr. Er zeigt exemplarisch, dass sich die Konjunktur zwar berappelt, ein stabiler Aufschwung aber noch alles andere als sicher ist. Sofort machte wieder die Frage die Runde, ob die Zentralbank nach der jüngsten Leitzinssenkung zeitnah nachlegt.
Noch einen Riesenkredit für Staaten soll es nicht geben
Den Leitzins selbst kann sie dabei kaum noch effektiv anwenden: Er befindet sich mit 0,25 Prozent schon so tief wie noch nie – ihn weiter zu senken hätte kaum einen Effekt, sagte gerade zum Beispiel der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau.
Spekuliert wird aber immer wieder, ob die EZB noch einmal in einer außergewöhnlichen Maßnahme großzügig Kredit an die Banken ausreicht (Stichwort “Dicke Bertha“). Ende 2011 und Anfang 2012 hatte sie dies getan und dabei brutto insgesamt rund eine Billion Euro zur Verfügung gestellt. Die Banken zumal in den finanzschwachen Ländern der Währungsunion verwendeten diese Mittel vornehmlich, um die Staaten zu (re)finanzieren.
Das zumindest will die EZB nicht wiederholen, sagte ihr Präsident Mario Draghi an diesem Donnerstag vor dem Europäischen Parlament in Straßburg. Wenn die Notenbank noch einmal massiv Liquidität bereitstellen würde, „dann müsste das so ausgestaltet werden, dass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass es zur Finanzierung der Realwirtschaft verwendet wird“. Wie die Zentralbank das schaffen könnte, sagte er nicht. „Darüber müssen wir tiefergehend nachdenken.“
Zugleich versuchte Draghi den Spagat auf einem anderen Feld, den künftigen Regeln für Finanzhäuser: Die Direktoren der EZB wollen offenbar, dass die Banken vorsichtiger Kredite an Staaten vergeben und deswegen künftig auch für solche Anlagen Kapital als Sicherheit vorhalten. Bundesbankpräsident Jens Weidmann ist schon lange dafür und sagt dies regelmäßig und auch der Notenbanker Yves Mersch hat sich schon dahingehend geäußert. Gerade hat es EZB-Chefvolkswirt Peter Praet in einem Interview angedeutet – im anstehenden Stresstest könnten Staatsanleihen schon mal als Risikopapiere angesehen werden.
Zugleich will die Notenbank, die gegen Ende des kommenden Jahres die Aufsicht über die wichtigsten Institute der Währungsunion übernimmt, dass dies nicht zur dauerhaften Regel wird, solange es nur für Europas Geldhäuser gilt. Ob an Länder vergebener Kredit in Zukunft mit Kapital unterlegt werden muss oder nicht, müsse auf weltweiter Ebene entschieden werden, sagte Draghi vor dem Europa-Parlament. Auch in diesem Fall ist es für die Notenbank schwer, es allen recht zu machen.
