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Autobahnen und Häfen für die Altersvorsorge

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Für immer mehr Banken werden Infrastrukturfinanzierungen zu teuer. Versicherer springen zunehmend ein. Die langen Laufzeiten und stetigen Erträge sind für sie von Vorteil. Damit wären sie auch ein geeigneter Partner der Politik.

Versicherer sind keine Banken. Diese scheinbare Binsenweisheit war seit Beginn der Finanzkrise häufig zu hören. Die Assekuranz wollte in der Regulierung nicht in einen Topf mit den Verursachern der Krise geworfen werden. Die Aussage hat aber noch in einer anderen Hinsicht einen bedeutsamen Kern: Beide Finanzdienstleister eignen sich unterschiedlich für bestimmte Finanzierungsformen.

Versicherer könnten sich als die besseren Infrastrukturinvestoren entpuppen. Um die Altersvorsorgeverpflichtungen zu decken, brauchen sie Kapitalanlagen mit langen Laufzeiten und stetigen Erträgen. Ganz anders die Banken: Je länger die Finanzierungen laufen, desto größer wird das Risiko der Fristentransformation – dass nämlich Banken kurzfristig Geld aufnehmen müssen, um es langfristig zu verleihen. In ihren Aufsichtsregeln Basel II und III sind solche Abweichungen teuer. Im künftigen Versicherungsrecht Solvency II hingegen werden Unternehmen sogar dafür belohnt, wenn sich die Laufzeiten ihrer Verpflichtungen (wie Garantien in der Altersvorsorge) und ihrer Kapitalanlagen (zum Beispiel langfristige Verträge über Autobahngebühren) angleichen.

Branchenkennern erschienen deshalb Versicherer schon lange als geeignete Finanzierer von Infrastrukturprojekten wie Flughäfen, teilprivatisierten Autobahnen, Schienen- und Stromnetzen sowie Gaskavernen. Doch erst langsam wagen sie sich vor. Seit wenigen Monaten nun trauen sich an die Projekte nicht nur die Großen wie die Allianz oder die Meag, die Kapitalanlagegesellschaft der Munich Re und der Ergo. Selbst kleine und mittelgroße Versicherer, Pensionskassen und Versorgungskammern fühlen sich reif.

Das Angebot hält nicht mit der Nachfrage Schritt

Die Deutsche Bank hat davon profitiert. Vor wenigen Wochen plazierte sie eine Kapitalmarktanleihe, mit der die Bewirtschaftung einer slowakischen Autobahn finanziert wird. Der Kupon betrug rund 4,7 Prozent. Ankerinvestor ist die Förderbank KfW. Viele Versicherer schlugen zu. „Wir hatten eine sehr große Nachfrage. Weitere Investoren hätten gern noch mehr investiert“, sagt Bernd Fislage, der die Anleihe für die Deutsche Bank strukturiert hat. Dass die Nachfrage noch nicht gesättigt ist, dürfte auch den zwei geplanten Emissionen Anfang kommenden Jahres helfen.

Auch für die Politik könnten Versicherer ein geeigneter Partner sein: Steuerlich privilegiert liefert die Branche Produkte, die das staatliche Rentensystem entlasten. Gleichzeitig gibt es einen Investitions- und Sanierungsstau in der öffentlichen Infrastruktur. Über gemeinsame privat-staatliche Projekte (Public Private Partnership) ließe sich Anlegergeld in diesen Sektor lenken. „Bislang sind die PPP-Projekte in Deutschland aber zu klein“, sagt Hilko Schomerus, Leiter von Macquarie Infrastructure and Real Assets in Deutschland. Je kleiner die Tranchen an einem Projekt seien, desto weniger zahle sich das notwendige Wissen aus, das vor einer solchen Investition aufgebaut werden müsse. „Versicherer brauchen Tranchen von 50 bis 100 Millionen Euro, damit sich der Aufwand lohnt“, sagt er.

Wie attraktiv dieses Anlagesegment für die Branche ist, zeigt sich daran, dass die Finanzierungsform keine Rolle mehr spielt. Noch vor wenigen Jahren waren die Gesellschaften allenfalls bereit, Eigenkapital in einen Infrastrukturfonds einzubringen. Inzwischen setzen sie auch auf Fremdkapitalfinanzierungen. Zuvor sahen sie ein Problem: Wenn sie Darlehen an einen Projektfinanzierer vergaben, fanden sie nur selten mögliche Aufkäufer am Sekundärmarkt.

Doch diese Scheu hat sich gelegt. Macquarie hat vor einiger Zeit die Gastransportnetze der ehemaligen Ruhrgas übernommen. Zur Refinanzierung suchte die Bank einen Fremdkapitalgeber. Banken wollten die Laufzeit des Darlehens auf höchstens sechs bis sieben Jahre begrenzen, ein Versicherer war bereit, einen Kredit über zehn Jahre zu gewähren. Die Versicherer haben lange gebraucht, bis sie sich dem Thema öffneten. „Das jetzige Engagement der Versicherer ist das Ergebnis einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema Infrastruktur“, sagt Schomerus. Der Engpass scheint derzeit zu sein, dass das Angebot nicht mit der Nachfrage Schritt hält. Die britische Kapitalsammelstelle Hadrian’s Wall musste vor einigen Wochen rückabgewickelt werden, weil es ihr nicht gelang, für Versicherer eine ausreichende Zahl attraktiver Investments zu finden. Geld aber nehmen sie in die Hand. „Ich hätte nicht gedacht, dass sie schon so weit sind“, sagt Deutsche-Bank-Manager Fislage. „Viele Versicherer bauen ihr Engagement schneller aus als erwartet.“