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China macht Schanghai zur Freihandelszone

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China reformiert seine Wirtschaft. In Schanghai will das Land nun die volle Konvertibilität des Renminbi und die Abschaffung der Kapitalverkehrskontrollen testen.

China will Zweifel an der Ernsthaftigkeit seiner Reformen zerstreuen und hat deshalb erstmals einen Zeitplan für ihre Durchsetzung veröffentlicht. Man plane, die meisten Schritte zur Eröffnung einer Freihandelszone in Schanghai in den kommenden drei Monaten zu verwirklichen, teilte die örtliche Niederlassung der Zentralbank PBOC am Mittwoch mit. Innerhalb von sechs Monaten wolle man Erfahrungen in Schanghai sammeln und nach einem Jahr die dort erprobte Öffnung der Wirtschaft und des Finanzwesens auf andere Gebiete in China übertragen, kündigte der Schanghaier PBOC-Vorsitzende Zhang Xin an.

Die Freihandelszone gilt als Pilotversuch für die Reformbeschlüsse des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei aus dem November: In Schanghai will China die volle Konvertibilität der Währung Renminbi (Yuan) und die Abschaffung der Kapitalverkehrskontrollen testen. Auch sollen ausländische Unternehmen künftig in alle Branchen investieren dürfen, die nicht auf einer Negativliste stehen.

Öffnung der Kapitalmärkte

Es hatte Zweifel an dem Vorhaben gegeben, da keine hohe Führungspersönlichkeit aus Peking zur Eröffnung nach Schanghai gereist war und weil bisher nur einige wenige internationale Gesellschaften entsprechende Geschäftslizenzen in der neuen Zone beantragt haben.

„Viele Einzelheiten der Richtlinien sind reif und können sofort verwirklicht werden, zum Beispiel grenzüberschreitende Geschäfte in Renminbi“, sagte Zhang. Er bezog sich dabei nicht nur auf die Handelsfinanzierung, sondern auch auf Direktinvestitionen, Darlehen und Aktienanlagen. Allerdings unterliegen sie weiterhin Auflagen, wie es hieß. So dürfen im Ausland aufgenommene Renminbi-Kredite nicht in Wertpapiere fließen.

Zinsfreigabe soll später kommen

Einige Reformen erforderten mehr Zeit, weil sie auf nationaler Ebene beschlossen werden müssten, sagte Zhang. Dazu zählte er die Freigabe der Zinsen und die Zulassung von chinesischen Direktinvestitionen im Ausland. Analysten zeigten sich am Mittwoch überrascht über Geschwindigkeit und Umfang der Reformen. Ein Ökonom der Bank Crédit Agricole in Hongkong sprach von „dramatischen Veränderungen für die Kapitalströme“.

Die 29 Quadratkilometer große Freihandelszone in Schanghai-Pudong will international ausgerichtete Unternehmen dadurch anlocken, dass sie neue finanzielle Spielräume verspricht, weniger Bürokratie und ein vereinfachtes Steuer- und Zollsystem. Nach offiziellen Angaben haben sich bisher 1400 Gesellschaften registriert, darunter aber nicht einmal 40 ausländische.

Die Deutsche Bank hat als einer der ersten Konzerne aus der Bundesrepublik eine Lizenz beantragt, die Allianz denkt darüber nach. Noch ist nicht ganz klar, wie die Behörden vermeiden wollen, dass sich Spekulanten mit so genannten Arbitragegeschäften die unterschiedlichen Zinsen und Wechselkurse inner- und außerhalb der Zone zunutze machen. Die PBOC präzisierte jetzt immerhin, man wolle in dem Gebiet spezielle Bankkonten für die Handels- und Kapitalgeschäfte einrichten. Auch werde man den Wechselkurs genauso steuern wie außerhalb der Zone. Die Freigabe der Sparzinsen beschränke sich zunächst auf Fremdwährungskonten.

Der erste messbare Markteffekt der neuen Zone ist, dass dort die Immobilienpreise gestiegen sind. Nach der Ankündigung vom Mittwoch gewannen zudem die Aktienkurse von Unternehmen stark an Wert, die dort Bauvorhaben realisieren.

Das Experiment in Schanghai soll auch die internationale Rolle des Renminbi stärken. China will ihn als Handels-, Anlage- und Reservewährung etablieren, um eine Alternative zum amerikanischen Dollar und Euro zu schaffen. Die Bedeutung des Renminbi in internationalen Handelsgeschäften hat schon stark zugenommen. Nach Angaben des Zahlungsabwicklers Swift hat Chinas Währung im Oktober erstmals den Euro als zweitwichtigste Währung zur Handelsfinanzierung abgelöst und erreichte einen Anteil 8,6 Prozent hinter dem Dollar. Mit diesem werden noch mehr als 80 Prozent aller internationalen Handelsgeschäfte abgewickelt.