
Zahlreichen Banken drohen wegen mutmaßlicher Manipulation hohe Geldbußen. Um illegale Absprachen in Zukunft zu verhindern, wollen die Finanzinstitute nun die elektronische Kommunikation ihrer Händler blockieren.
Mehrere internationale Banken wollen angesichts schwerwiegender Manipulationsvorwürfe möglicherweise die elektronische Kommunikation ihrer Händler beschränken. Nach einem Bericht des „Wall Street Journal“ prüfen unter anderem die amerikanische Bank JP Morgan Chase und die Credit Suisse, ob sie Computer-Chaträume blockieren sollen, in denen Wertpapier- oder Devisenhändler mit Kollegen und Kunden kommunizieren. Diese virtuellen Räume, die Händler verschiedener Banken miteinander verbinden, sind ein wichtiges Element moderner Finanzmärkte und werden von zehntausenden Angestellten auf der ganzen Welt genutzt.
Zahlreiche Banken waren zuletzt wegen der mutmaßlichen Manipulation von Märkten ins Visier der Aufsichtsbehörden geraten. Den Finanzinstituten drohen heftige Geldbußen und ein schwerer Rufschaden. In Zusammenhang mit der Manipulation des Londoner Referenzzinssatzes Libor (London Interbank Offered Rate) haben fünf Banken schon Strafzahlungen von insgesamt mehr 3,5 Milliarden Dollar geleistet. Auch der Deutschen Bank, gegen die ebenfalls ermittelt wird, droht möglicherweise eine empfindliche Geldstrafe.
Verdacht auf Beeinflussung
Der neueste Skandal braut sich am Devisenmarkt zusammen. Aufsichtsbehörden in den Vereinigten Staaten, Großbritannien, der Schweiz und Hongkong gehen dem Verdacht nach, dass Händler möglicherweise Währungskurse gezielt beeinflusst haben. Ermittler überprüfen die Kommunikation in Chaträumen, die von Teilnehmern unter anderem „Das Kartell“ getauft wurden. Marktakteure sollen darin geprahlt haben, Devisenkurse beeinflussen zu können. Zudem schienen sie unerlaubt bestimmte Informationen mit Wettbewerbern geteilt zu haben.
Die britischen Banken Royal Bank of Scotland und Barclays, die Schweizer Großbank UBS sowie die amerikanischen Investmentbanken JP Morgan und Citigroup haben schon mehrere Angestellte in Zusammenhang mit den Ermittlungen suspendiert. Der weltumspannende Devisenhandel beträgt nach Schätzungen rund 4700 Milliarden Dollar am Tag. Nach Angaben der Fachzeitschrift „Euromoney“ entfielen allein auf die Deutsche Bank, die UBS, Barclays und Citigroup die Hälfte des Umsatzes.
Die Deutsche Bank und die Schweizer UBS hatten kürzlich eingeräumt, dass die Aufsichtsbehörden wegen des Verdachts auf illegale Tricks im Devisengeschäft um Auskunft gebeten haben. Auch bei der Untersuchung der Vorgänge um den Libor spielte die Kommunikation in Chaträumen eine wichtige Rolle. Händler nutzten das Werkzeug, um sich untereinander abzusprechen. Wie aus Abschriften der Kurzmitteilungen hervorgeht, versuchten einige Händler ihre Konkurrenten mit der Zahlung eines Mittagsessens oder mit Kommissionen für Wertpapiertransaktionen zur Teilnahme an dem Komplott zu ködern.
Viele Händler in internationalen Banken nutzen die Chat-Funktion der weitverbreiteten Datenterminals des Finanzinformationsdienstes Bloomberg. Die Citigroup in Amerika hat in diesem Jahr bereits einige Devisenhändler auf ein internes Chat-System umgestellt, um Geld zu sparen und die Sicherheit zu erhöhen. Die Bank JP Morgan prüft intern, ob Telefongespräche und herkömmliche Emails die Rolle von Chaträumen übernehmen können. Bloomberg hatte im Juni zum ersten Mal über den Verdacht von Manipulationen im internationalen Devisenmarkt berichtet. Demnach könnten die fragwürdigen Praktiken der Finanzinstitute und ihrer Händler bis zu zehn Jahre in die Vergangenheit zurückreichen.
