
Amerika hat Israel zugesichert, im Streit über das iranische Atomprogramm nicht von Israels Seite zu weichen. Zuvor waren harte Worte zwischen Außenminister Kerry und dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu gefallen. Ein gemeinsamer Presseauftritt entfiel.
Der Botschafter der Vereinigten Staaten in Israel, Dan Shapiro, hat am Montag versucht, die Sorgen der Israelis angesichts des angestrebten Atomabkommens mit Iran auszuräumen. Washington werde niemals zulassen, dass Teheran in den Besitz von Atomwaffen gelange, versicherte Shapiro. „In dieser äußerst wichtigen Frage haben Israel und die Vereinigten Staaten eine identische Zielsetzung“, sagte Shapiro vor den Delegierten der Generalversammlung der Jüdischen Verbände in Nordamerika, die derzeit in Jerusalem tagt.
Der amerikanische Präsident Barack Obama habe „immer glasklar gemacht, dass er Iran nicht erlauben wird, an Atomwaffen zu kommen, und dass er bereit ist, hierfür alle unsere nationalen Machtmittel einzusetzen“, sagte Shapiro weiter. Auch Außenminister John Kerry versicherte bei einem Besuch im Golfstaat Abu Dhabi, ein eventuelles Abkommen mit Iran werde helfen, „Israel effizienter zu schützen“.
Kerry sagt Fototermin mit Netanjahu ab
Zuvor hatte der amerikanische Außenminister John Kerry kurzfristig einen gemeinsamen Fototermin mit dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu abgesagt. In ihrem Gespräch auf dem Tel Aviver Flughafen vor Kerrys Abflug nach Genf sollen deutliche Worte gefallen sein, die beide offenbar nicht vor Journalisten wiederholen wollten. Meinungsverschiedenheiten zwischen Amerika und Israel über die Voraussetzungen für eine Lockerung der Sanktionen gegen Iran verhängten Sanktionen hatten seit Freitag zu einem scharfen Streit zwischen den beiden Ländern geführt. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warf Amerika und den fünf mitverhandelnden Großmächten vor, dass sie dabei seien, eine schlechte und gefährliche Vereinbarung zu unterzeichnen: „Iran gibt praktisch nichts und erhält dafür verdammt viel“, hatte Netanjahu am Sonntag seine Kritik im Sender CBS erneuert. Die sich abzeichnende Einigung gefährde nicht nur Israel, sondern auch den Weltfrieden. Sie verringere den Druck der internationalen Sanktionen auf Iran, sagte Netanjahu.
Nachdem die Genfer Verhandlungen auf den 20. November vertagt worden waren, war Kerrys Stellvertreterin Wendy Sherman am Sonntag nach Jerusalem gereist und hatte bis in die Nacht zum Montag vergeblich versucht, den Konflikt über das richtige Vorgehen beizulegen. Israels Wirtschaftsminister Naftali Bennett will diese Woche nach Amerika reisen, um Abgeordnete des Kongresses in der Ablehnung der vorliegenden Kompromissvorschläge in den Atomverhandlungen zu bestärken.
Fahrplan für Inspektionen beschlossen
Am Montag hatten Iran und die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) dann einen Fahrplan für die weitere technische Zusammenarbeit vereinbart. Die Übereinkunft wurde von IAEA-Chef Yukiya Amano und dem iranischen Atomunterhändler Ali-Akbar Salehi in der iranischen Atomorganisation in Teheran unterschrieben. Der Fahrplan sieht den Angaben nach auch eine Inspektion des Schwerwasserreaktors in der westlichen Stadt Arak vor. Ein Besuch des Militärstützpunkts Partschin südöstlich von Teheran, auf dem verdächtige Sprengstofftests vorgenommen worden sein sollen, ist aber nicht unmittelbar geplant. Salehi sagte in diesem Zusammenhang, „Dinge, die nicht direkt atomarer Natur sind“, würden „in einer späteren Phase“ behandelt.
Wann Iran eine Inspektion Parchins – die als Hauptanliegen der IAEA gilt – gewähren wird, ist jedoch noch unklar. Das Land hatte mehrmals betont, ohne Anerkennung seines Rechts auf ein friedliches Atomprogramm und ohne Aufhebung der wirtschaftlichen Sanktionen sei eine Inspektion Parchins nicht möglich. Beide Forderungen wurden bis jetzt von der internationalen Gemeinschaft nicht erfüllt. Dreitägige politische Verhandlungen der fünf UN-Vetomächte und Deutschlands mit Iran in Genf waren am Samstag ohne die von Teheran erhoffte Einigung beendet worden. Beide Seiten verständigten sich jedoch auf ein weiteres Treffen am 20. November in Genf.
Enger zeitlicher Rahmen
Der amerikanische Außenminister John Kerry sprach nach dem Treffen am Sonntag von einem „bedeutenden Fortschritt“. Fraglos sei man einem Abkommen näher gekommen. Die Gespräche brauchten Zeit, weil das seit langem bestehende Misstrauen zwischen dem Westen und Iran überwunden werden müsse. Das Fenster für die Diplomatie werde aber nicht unbegrenzt offenstehen, sagte Kerry: „Die Uhr läuft.“ Ziel der Verhandlungen sei es weiterhin, Iran am Bau einer Atombombe zu hindern.
Sein britischer Kollege William Hague sagte in der BBC: „Ein Abkommen liegt auf dem Tisch, und es ist möglich.“ Die Verhandlungsführung seines iranischen Kollegen Sarif bezeichnete er als „ausgesprochen konstruktiv“. Die 5+1-Gruppe sei sich komplett einig gewesen. „Wir haben Iran alle dasselbe gesagt und dasselbe mögliche Abkommen unterstützt“, sagte Hague.
