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„Puh!“

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Nach dem erfolgreichen Börsengang von Twitter sind Investmentbanker erleichtert. Ein zweites Facebook-Debakel blieb aus. Der Wall Street könnte am Freitag dennoch Unbill drohen.

Anthony Noto fiel ein Stein vom Herzen. „Phew!“ (Puh!) twitterte der Investmentbanker von Goldman Sachs kurz nachdem die Aktien des Kurznachrichtendienstes Twitter erstmals an der New Yorker Börse Nyse gehandelt wurden. Der Kurs war am Donnerstag, dem ersten Handelstag von Twitter, zum Auftakt etwas mehr als 73 Prozent auf 45,10 Dollar nach oben geschnellt. Nach einem weiteren Anstieg auf mehr als 50 Dollar pendelte sich der Kurs dann um 46 Dollar ein. Als die Schlußglocke läutete, notierten die Papiere mit 44,90 Dollar leicht unter Eröffnungsniveau. Unter größeren Erstemissionen an der Wall Street war das die bisher achtbeste Kursentwicklung an einem ersten Handelstag.

Der erleichterte Banker Noto verantwortete den Börsengang von Twitter bei Goldman Sachs. Goldman führte das Bankenkonsortium an, zu dem auch die Deutsche Bank gehörte. Sowohl für Goldman als auch für die Nyse stand viel auf dem Spiel. Denn bei Technologie- und Internetaktien hatten bislang deren ärgste Konkurrenten die Nase vorn. Obwohl Goldman der Branchenprimus der Wall Street ist, galt lange Zeit Morgan Stanley als führende Bank für Technologieunternehmen. Die Börsenheimat der bekanntesten Technologiewerte – man denke an Apple oder Google – ist die Nasdaq, der zweitgrößte amerikanische Aktienmarkt hinter der Nyse.

Aber dann kam Facebook. Morgan Stanley als federführende Konsortialbank und die Nasdaq verantworteten vor anderthalb Jahren den desaströsen Börsengang des großen sozialen Netzwerks. Morgan Stanley wurde vorgeworfen, den Ausgabepreis zu hoch angesetzt zu haben. Der Aktienkurs notierte mehr als ein Jahr lang unter dem Emissionspreis. Die Nasdaq hatte ihre Technik nicht im Griff, was Anleger verwirrte und für eine Technologiebörse doppelt peinlich ist.

Das erfolgreiche Debüt von Twitter stellt dennoch keine Wachablösung bei Banken und Börsen dar. Immerhin war auch Morgan Stanley bei Twitter stark involviert – wenn auch hinter Goldman. Und seit dem Debüt von Facebook liegt die Nasdaq bei Börsengängen von Technologiefirmen im Vergleich mit der Nyse immer noch leicht vorne. Aber Goldman und die Nyse haben sich mit dem reibungslos verlaufenen und schlagzeilenträchtigen Debüt von Twitter für weitere Aufträge empfohlen. Ein starker Kursaufschlag am ersten Handelstag bedeutet zwar, dass der Börsenkandidat noch mehr Eigenkapital hätte aufnehmen können, wenn der Ausgabepreis höher gewesen wäre. Aber auf diese Weise können sich die überwiegend institutionellen Investoren über einen kräftigen Kursgewinn freuen. Twitter kann sie so längerfristig bei der Stange halten und bei zukünftigen Emissionen auf sie zählen.

Der allgemeinen Börsentendenz gab Twitter am Donnerstag keine Impulse. Der Dow Jones gab um 1 Prozent auf 15594 Punkte nach. Der breiter gefasste Aktienindex S&amp-P 500 fiel um 1,3 Prozent auf 1747 Zähler. Die Wirtschaft der Vereinigten Staaten war im dritten Quartal stärker gewachsen als erwartet. Das sollte eigentlich positiv für Aktienkurse sein, weil Unternehmen mehr Gewinne machen, wenn die Konjunktur brummt. In der derzeit etwas verqueren Logik der Anleger bedeutet starkes Wirtschaftswachstum aber ein mögliches Ende der extrem lockeren Geldpolitik der amerikanischen Notenbank. Das billige Geld hatte die Hausse der vergangenen Jahre beflügelt. Am Freitag werden die Arbeitsmarktdaten für Oktober veröffentlicht, was erneut Spekulationen über eine geldpolitische Wende auslösen und für schwankende Kurse sorgen könnte. Volkswirte rechnen im Durchschnitt mit 120000 neuen Stellen und einer Arbeitslosenquote von 7,3 Prozent.