
Union und SPD können mehr Geld ausgeben, wenn sie regieren. Nach einer neuen Steuerschätzungen steigen die Steuereinnahmen in den kommenden Jahren im viele Milliarden Euro.
Der finanzielle Spielraum einer großen Koalition aus Union und SPD wird sich übernächste Woche vergrößern. Wenn der Arbeitskreis Steuerschätzung am 7. November das Ergebnis seiner Berechnungen vorlegen wird, steht bis auf die Stelle hinter dem Komma fest, wie viel Milliarden Bund, Länder und Kommunen in den nächsten Jahren zu erwarten haben. Drei Tage werden sie zuvor in Bremerhafen über jede noch so kleine Steuer beraten haben. Nach einer ersten Überschlagsrechnung aus ihrem Kreis ist nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit einem Plus in Höhe von rund 100 Milliarden Euro bis zum Jahr 2018 zu rechnen. Das Ergebnis der Steuerschätzung wird als maßgeblich für den Verteilungs-Spielraum angesehen, den Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag ausschöpfen können. Am Montag werden die Unterhändler der Arbeitsgruppe Finanzen und die Unterarbeitsgruppe Europa zum ersten Mal zusammenkommen.
Basis der Steuerschätzung ist die Projektion der Bundesregierung für die wirtschaftliche Entwicklung in den nächsten Jahren. Zudem baut die Rechnung auf der aktuellen Entwicklung der Einnahmen auf. Da die offizielle Wachstumsprognose nur marginal nach oben korrigiert wurde, ist von diesem Element keine große Veränderung zu erwarten. Hingegen entwickelt sich das Steueraufkommen spürbar besser als gedacht, die Delle vom August wurde im September ausgebügelt. Derzeit gilt für 2013 ein Anstieg von etwas mehr als 3 Prozent als realistisch. Im Mai war man erst von 2,5 Prozent ausgegangen. 0,5 Prozentpunkte machen bei einem zuletzt auf 615 Milliarden Euro geschätzten Steueraufkommen etwa 3 Milliarden Euro aus – dies allerdings für Bund, Länder und Gemeinden zusammen. Für den Bund allein ist es entsprechend weniger.
Kalte Progression hilft dem Staat
Im Kreis der Steuerschätzer erwartet man, dass sich die günstige Entwicklung der Steuereinnahmen fortschreiben lässt. Da sich mittelfristig nichts an der Wachstumsprognose geändert habe, spreche alles dafür, dass diese Mehreinnahmen über die Jahre fortgeschrieben werden könnten, hieß es. Konkret bedeutet das: Nächstes Jahr steigt das Steueraufkommen auf mehr als 641 Milliarden Euro. Im Jahr 2017, dem letzten Jahr der Mai-Schätzung, könnten es sogar 708 Milliarden Euro werden. Im November werden die Schätzer zum ersten Mal ihre Erwartung für das Jahr 2018 beziffern. Wenn sie den Trend fortschreiben, kommt man auf eine Größenordnung von 730 Milliarden Euro.
Die prognostizierten Steuereinnahmen wachsen stärker als die verfügbaren Einkommen der Bürger, weil das Steuersystem auf nominalen Werten fußt. Höhere Preise lassen das Umsatzsteueraufkommen wachsen, selbst wenn nicht mehr Güter umgeschlagen werden. Nominal höhere Einkommen führen im progressiven Steuertarif zu höheren Steuerlasten – auch wenn sich die Beschäftigten wegen der Inflation nicht mehr leisten können. Je länger die Entwicklung ohne Tarifkorrektur andauert, umso größer ist dieser Effekt und der politische Druck, diese sogenannte kalte Progression abzubauen.
