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Der Name geht, die Lautsprecher bleiben

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Fünfzehn Jahre lang war Isophon eine High-End-Marke im Audio- und HiFi-Bereich. Jetzt hat die schwäbische Manufaktur einen neuen Namen und zeigt zugleich, dass Qualität nicht teuer sein muss.

Isophon ist einer der ältesten Namen in der deutschen Audio- und HiFi-Geschichte. Schon sechs Jahre nach dem Start des Rundfunks in Deutschland wurde das Unternehmen 1929 in Berlin als Hersteller von Drehkondensatoren für Detektor- und Röhrenempfänger gegründet. Es brachte 1930 seinen ersten Lautsprecher heraus, entwickelte von 1937 an Mehrwege-Boxen und fing nach Kriegszerstörung 1945 wieder von vorn an. 1955 wurde Isophon mit zwei Werken und 750 Beschäftigten zum größten Lautsprecherhersteller Europas mit einer riesigen Produktpalette. In den Jahrzehnten darauf widmete man sich in Berlin zunehmend der Großserienfertigung etwa von Autolautsprecher-Chassis, das Unternehmen ging im Bosch-Konzern auf, der HiFi-Zweig rückte in den Hintergrund.

Dass sich der gute alte Name trotzdem im High-End-Bereich wieder fest etablierte, war dem umtriebigen Schwaben Roland Gauder zu verdanken, der seinen Berufsweg bei Isophon begonnen hatte. Er kümmerte sich dort auch um das Thema HiFi, erkannte aber bald, dass es getrennt von den Anforderungen der großen Stückzahlen besser aufgehoben wäre. 1997 übernahm er daher diesen Zweig mitsamt dem Markennamen Isophon und kehrte in seine württembergische Heimat zurück. Seither führt er in Renningen nahe Leonberg zusammen mit seinem Partner Achim Knapp eine kleine, aber hochfeine Lautsprechermanufaktur, die längst in der Spitzengruppe der Hersteller mitmischt. Künftig allerdings nicht mehr unter „Isophon“: Die Namensrechte werden einvernehmlich zurückgegeben, von 2013 an heißen die Lautsprecher Gauder Akustik.

Akademische Ausnahmeerscheinung

Als promovierter Physiker ist Gauder eher eine akademische Ausnahmeerscheinung in seiner Branche, in der noch vor gar nicht langer Zeit das Tüfteln weit über das Rechnen gestellt wurde. Er beherrscht beides, und die Ergebnisse seiner Entwicklungsarbeit sprechen eindeutig für diese Kombination. Seine Prinzipien: Produktion ausschließlich in Deutschland, große Fertigungstiefe (Frequenzweichen- und Gehäusebau, Lackiererei), Erfüllen aller Kundenwünsche zur Gehäuse-Oberfläche, keine Belieferung der großen Handelsformen.

Das Programm besteht aus einem guten Dutzend Modellen, vom Regallautsprecher zum Paarpreis von 3200 Euro bis hin zum 150 000-Euro-Spitzenmodell Berlina RC 11 mit seinen Diamant-Hoch- und -Hochmitteltönern. Am unteren Ende der Skala wird aber jetzt umgebaut: Zum Jahreswechsel werden vier Lautsprecher (Galileo, Enigma, Europa und Helios) durch eine neue Baureihe Arcona ersetzt. Drei ihrer Mitglieder, die Arcona 40 (2000 Euro), 60 (3400 Euro) und 80 (4000 Euro), debütieren noch im laufenden Jahr, bis Mai 2013 folgt die Arcona 100 für 5800 Euro als Oberhaupt der Reihe. Unverändert im Sortiment bleiben der Zweieinhalb-Wege-Regallautsprecher Odessa (ab 6800 Euro), die Center- und Rear-Box FRC (ab 3600 Euro/Stück) sowie als Standmodelle die Vescova (zweieinhalb Wege, ab 8000 Euro) und die Dreiwege-Lautsprecher Cassiano (ab 12 800 Euro), Arabba (ab 28 000 Euro) und Tofana (ab 42 000 Euro). Zur Berlina-Reihe zählen noch die RC 7 (24 000 Euro) und die Vierwege-Box RC 9 (90 000 Euro). Für alle Modelle von Odessa bis RC 7 kann man statt des Keramik- einen Diamant-Hochtöner ordern (Aufpreis 5200 Euro/Paar)- beide stammen vom Spezialisten Accuton in Pulheim.

Wir konnten mit der Arcona 80 schon vor Anlauf der Serienfertigung Bekanntschaft schließen. In dieser Baureihe setzt Gauder erstmals einen Air Motion Transformer als Hochtöner ein. Dieser Schallwandler, dessen Grundlagen sich der deutsche Physiker Oskar Heil 1969 patentieren ließ, hat eine gefaltete Kunststoff-Membran mit gewundenen Aluminium-Leiterbahnen, die sich ziehharmonikaartig in einem starken Permanent-Magnetfeld bewegt. Die Luft als Träger des Schalls wird dabei sehr schnell aus den Taschen der Membran hinausgedrückt, mit Vorteilen für Wirkungsgrad und Impulsverhalten. Ergänzt wird die Bestückung der Arcona durch zwei 17-Zentimeter-Tiefmitteltöner mit Konusmembranen aus polymergefülltem und aluminiumbeschichtetem Kunststoff- die in den teureren Modellen verwendeten Keramikmembranen kamen hier aus Preisgründen nicht in Frage. Beide Chassis arbeiten im Bassbereich gemeinsam und stellen so eine große Membranfläche für viel Schalldruck zur Verfügung, aber nur eines darf auch die mittleren Frequenzen wiedergeben (Zweieinhalb-Wege-System), bis bei 3400 Hertz der Hochtöner übernimmt.

Hohe Ansprüche an Klang

Die Frequenzweiche, die diese Zuteilung besorgt, ist bei Gauder grundsätzlich steilflankig ausgelegt, sie trennt die Arbeitsbereiche der Chassis also sehr scharf voneinander (mehr als 50 Dezibel je Oktave, üblich sind 6 oder 12 Dezibel). So gibt es bei der Abstrahlung der drei Schallwandler praktisch keine Überlappungen, die vor allem die räumliche Darstellung der Musik stören. Eine Spezialität Gauders ist auch die Symmetrierung der Frequenzweiche, eine Innovation aus der Berlina-Baureihe, die, so heißt es, für klarere Mitten sorgt und die Rückwirkung des Lautsprechers auf den Verstärker dämpft.

Das Gehäuse der Arcona mit tropfenförmigem Grundriss ist sorgfältig versteift, die Furnier- wie auch (für 600 Euro Aufpreis) die Klavierlack-Oberflächen sind makellos verarbeitet. Das Bassreflexrohr zur Verstärkung der tiefen Frequenzen mündet auf der Unterseite des Lautsprechers, damit wird auch wandnahe Aufstellung möglich. Im Anschlussfeld an der Rückseite warten zwei hochwertige Kabelklemmen Nextgen 0708 von WBT, dem Essener Spezialisten für Verbindungselemente, zwei weitere für Bi-Wiring (getrennte Ansteuerung von Hoch- und Tiefmitteltönern) kosten Aufpreis. Höheneinstellbare Spikes entkoppeln die Lautsprecher vom Untergrund, eine abnehmbare Stoffbespannung, die akustisch kaum stört, schützt die Chassis.

Beim Klang stellt Gauder sehr hohe Ansprüche, und die Arcona 80 erfüllt sie in ihrer Preisklasse locker. Hektik ist ihr völlig fremd, sie begegnet jederart Musikmaterial mit Souveränität und Übersicht. Impulse verarbeitet sie schlagkräftig, neigt aber nicht zu Übertreibungen: Weder schärfelt der Hochtöner, noch wummert der Bass. Stimmen werden ganz natürlich und lebensnah wiedergegeben. Besonders eindrucksvoll ist die Tiefenstaffelung von Orchestern mit punktgenauer Ortung der Instrumente. Eine exzellente Big-Band-Aufnahme wie etwa „Warm Breeze“ von Count Basie (Pablo Today 3112-40) macht die Arcona zum Live-Ereignis. Und sie zeigt damit, dass man sich auch am unteren Ende von Gauders Programm durchaus nicht bescheiden muss.