Alan Harris ist Asteroiden- und Kometenforscher, immer auf der Suche nach den großen Felsbrocken, welche die Erde bedrohen. Mit Wissenschaftler aus Europa forscht er am Projekt „NEOshield“, das einen Asteroideneinschlag verhindern soll.
Alan Harris liebt Überraschungen. Schließlich hat es der 61 Jahre alte Asteroiden- und Kometenforscher am Institut für Plantenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Berlin-Adlershof fast täglich mit unerwarteten Ereignissen zu tun, etwa wenn ein im Weltraum umherstreunender Himmelskörper entdeckt wird oder ein Meteorit plötzlich auf der Erde einschlägt wie am Freitagmorgen im Ural (siehe Linkliste). Dass der Einschlag etwas mit dem erdnahen Vorbeiflug des rund 50 Meter großen Asteroiden 2012 DA14 am Abend zu tun habe, glaubt der in Birmingham geborene Forscher, der auf mehr als 30 Jahre Berufserfahrung zurückblicken kann, indes nicht. „Soweit wir wissen, sind die Umlaufbahnen der beiden Himmelskörper ganz anders.“ Aber der Zufall der beiden Ereignisse ist auch für Harris ein bisschen unheimlich. „Wir müssen abwarten, bis wir alle Informationen haben und die Ereignisse richtig analysieren können.“
Wir sind recht schutzlos
Den Absturz des Meteoriten am Freitag im russischen Uralgebirge hätte man nicht verhindern können, da ist sich Harris sicher, schließlich leitet er seit gut einem Jahr ein EU-Projekt, das nach Wegen sucht, einen erdnahen Asteroiden, der sich auf Kollisionskurs mit der Erde befindet, aus der Bahn zu lenken. Dabei konzentriert man sich vor allem auf erdnahe Asteroiden mit einer ähnlichen Größe wie 2012 DA14, die die Erdbahn kreuzen und eine potentielle Gefahr sind. Objekte, die kleiner sind als zehn Meter – so wie der Gesteinsbrocken über Russland -, kann man nicht vorher entdecken. Dafür benötigt man größere Teleskope, die ständig nach solchen Objekten Ausschau halten. Vor allem aber wären Vorwarnzeiten von mehr als einem Jahr erforderlich, um einen drohenden Einschlag eines größeren Asteroiden tatsächlich verhindern zu können.
Drei ernstzunehmende Abwehroptionen gibt es derzeit. Man könnte rechtzeitig eine Raumsonde zu dem fraglichen Himmelskörper schicken, die diesen mit ihrer Schwerkraft vom Kurs abbringt. Denkbar wäre auch, eine Sonde auf dem Asteroiden einschlagen zu lassen und ihn so aus der Bahn zu kicken. Letzteres wäre für Harris eine realistische Option. Wenig hält er von einem Szenario, bei dem man – ähnlich wie in dem Film „Armageddon“ – einen nuklearem Sprengsatz auf dem Asteroiden zündet. Bis zum Jahr 2015 wollen Harris und seine Kollegen, zu denen Wissenschaftler französischer und britischer Institute, aber auch Ingenieure des Raumfahrtunternehmens Astrium zählen, ein Konzept erarbeitet haben, dem eine realistische Testmission folgen könnte. Dazu stehen dem EU-Projekt „NEOshield“ rund sechs Millionen Euro zur Verfügung.
Achttausend für die Erde potentiell gefährliche Asteroiden mit einer Größe ähnlich wie 2012 DA14 sind bekannt. Mehrere hunderttausend bis eine Millionen solcher erdnahen Objekte schätzt man in unserem Sonnensystem. Wann die Erde von einem größeren Meteoriten getroffen wird, ist für Harris nur eine Frage der Zeit.