Auch Menschenaffen haben eine Midlife-Crisis, heißt es in einer Studie. Aber beweist das schon, dass das „Tal des Lebens“ mit Mitte vierzig biologisch vorausbestimmt ist?
Was wären wir nur ohne die Midlife-Crisis? Sie hat als Motiv für einige der unterhaltsamsten Romane und Filme der vergangenen Jahre hergehalten. Um genau zu sein, handeln die meisten Bücher von Nick Hornby von ihr. Und alle Filme mit Bill Murray. Wenn man so darüber nachdenkt, dann ging es eigentlich sogar in den meisten kommerziell hoch erfolgreichen Plots, die man als Mainstream-Kulturkonsument so in der jüngeren Vergangenheit miterlebt hat, zumindest am Rande um die Midlife-Crisis: um die nagende Unzufriedenheit, das bohrende Zweifeln, das die Menschen mit Mitte vierzig ergreift. Lange hat man das „Tal des Lebens“ für eine Erfindung des zwanzigsten Jahrhunderts und zudem für ein Problem wohlstandsgesättigter Westeuropäer gehalten. Doch seit einiger Zeit ist es amtlich: Andrew Oswald von der University of Warwick zeigte unlängst anhand der Daten von 500.000 Menschen in Europa und Amerika, dass das Wohlbefinden über die Lebensspanne hinweg die Form eines umgedrehten U annimmt, mit einem Tiefpunkt etwa bei Mitte vierzig – und zwar über soziale und kulturelle Grenzen hinweg.
Den Beweis dafür, dass die Midlife-Crisis zudem biologisch determiniert ist, wollen Oswald und ein internationales Team jetzt in den „Proceedings of the National Academy of Sciences“ erbringen (doi:10.1073/pnas.1212592109). Sie schreiben, dass auch Orang-Utans und Schimpansen in der Lebensmitte eine Krise erleben, dass sie unglücklicher als in der Jugend und im Alter sind. Das gaben Pfleger von fünfhundert Tieren in Zoos zu Protokoll. Aber ist das schon der Beweis, dass die Midlife-Crisis eine biologisch vorausbestimmte Lebensphase ist? Man müsste dazu einmal die Schimpansen vergangener Zeiten befragen, die mit Wanderzirkussen unterwegs waren, dem Leierkastenmann dienten. Auch ein Blick in die Tiergärten der Nachkriegsjahrzehnte reicht noch: Zooaffen lebten lange beengt hinter Gittern und auf Fliesen.
Wellness, Coaching und Grübeln
Heute allerdings können viele Menschenaffen in Zoos sich in baumelnden Hängematten der Neugier der Besucher entziehen und ihren Blick über ein Gehege schweifen lassen, das alle ihre Bedürfnisse nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen berücksichtigt. Die heutige Affengeneration ähnelt damit vielen über vierzigjährigen Menschen, die jede Menge Zeit haben, die sie Wellness, Coaching und dem Grübeln widmen. Sind Oswalds Zooaffen also vielleicht genauso wohlstandsverwöhnt wie wir selbst? Man weiß es nicht. Leider haben die Affen der Wildbahn keine Pfleger. Die wildlebenden Tiere selbst nach ihren Gefühlen im „Tal des Lebens“ zu befragen, steht noch aus – und dürfte methodisch recht anspruchsvoll sein.