Finanzen

Allwetterfonds nicht wetterfest

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Die Marktlage macht Anlegern und Vermögensverwaltern zu schaffen. Auch der Allwetterfonds von Bridgewater hat gelitten. Obwohl er selbst in schwierigen Zeiten ordentlich abschneiden sollte.

Die vergangenen Wochen waren nicht einfach für viele Anleger und Vermögensverwalter. Nach dem „Bernanke-Schock“ fielen die Aktien- und Anleihekurse, und auch die Rohstoffe unter besonderer Berücksichtigung der Edelmetalle standen unter Verkaufsdruck. Zudem nehmen Zweifel an der Güte umfangreicher Anlagen in den Schwellenländern zu. Wenn die Preise nahezu aller Anlagen fallen, können sich die Anleger nicht freuen – jedenfalls, solange sie nicht auf Baisse spekulieren.

Nach Berichten aus den Vereinigten Staaten soll unter der nicht einfachen Marktlage nicht zuletzt ein berühmter Fonds gelitten haben, der eigentlich entwickelt wurde, um auch in schwierigen Zeiten ordentlich abzuschneiden: Es handelt sich um den rund 70 Milliarden Dollar schweren All Weather Fund des großen amerikanischen Hedgefondsmanagers Bridgewater, in den zahlreiche Großanleger investiert haben.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters, die sich wiederum auf namentlich nicht genannte Insider beruft, hat der „Allwetterfonds“ im Juni rund 6 Prozent seines Wertes verloren und seit Jahresanfang etwa 8 Prozent. Das ist unerfreulich, allerdings hatte der Fonds das Jahr 2012 mit einem Plus von 14,7 Prozent abgeschlossen. Der Allwetterfonds von Bridgewater wird in der Branche aufmerksam verfolgt, weil er in den neunziger Jahren eine Anlagestrategie namens „Risikoparität“ begründet hat, die in den Vereinigten Staaten an Bedeutung gewinnt.

Orientierung am Risiko

In Kontinentaleuropa ist sie noch wenig verbreitet, auch wenn hier ebenfalls Fonds existieren, die sich am Prinzip der Risikoparität ausrichten. Der Grundgedanke ist einfach: Der Vermögensverwalter orientiert sich in seiner Auswahl in erster Linie am Risiko einer Anlageklasse, die traditionell an der Schwankungsbreite der Preise in der Vergangenheit („Volatilität“) gemessen wird, und erst danach am erwarteten Ertrag. Der Unterschied lässt sich anhand eines einfachen Beispiels zeigen.

In Amerika ist nach wie vor ein Anlagemodell verbreitet, bei dem 60 Prozent der Mittel in Aktien und 40 Prozent in Anleihen fließen. Dieses Portfolio sieht auf den ersten Blick annähernd ausgewogen aus. Berechnungen zeigen aber, dass 90 Prozent des Risikos in diesem Portfolio in den Aktien liegen und nur 10 Prozent in den Anleihen. Die Grundidee hinter dem Allwetterfonds führt zu einer ganz anderen Aufteilung des Geldes auf die einzelnen Anlageklassen. Zunächst wurden aus der Sicht eines Anlegers vier gesamtwirtschaftliche Szenarien definiert.

Erstens: Die Wirtschaft wächst schneller als erwartet. Zweitens: Die Wirtschaft wächst langsamer als erwartet. Drittens: Es gibt mehr Inflation als erwartet. Viertens: Es gibt weniger Inflation als erwartet. Für jedes Szenario wurde eine als geeignet betrachtete Vermögensaufteilung erarbeitet und diese dann in ein Gesamtkonzept zusammengeführt. In der Tendenz führt eine nach dem Risiko gewichtete Anlagestrategie zu einer starken Konzentration eines Portfolios auf Anleihen.

Der amerikanische Vermögensverwalter Mebane Faber hat ein solches Musterportfolio zusammengestellt: Es besteht zu 70 Prozent aus Anleihen, zu 15 Prozent aus Aktien und zu weiteren 15 Prozent aus sogenannten realen Anlagen wie Rohstoffen, Immobilien und Gold. Unter den Anleihen legt Bridgewater dabei ein besonderes Gewicht auf inflationsindexierte Papiere. Das klingt so weit recht einfach.

Aber nun beginnen die Probleme: Um die Ertragsaussichten eines traditionellen Portfolios zu erreichen, das zu 60 Prozent aus Aktien und zu 40 Prozent aus Anleihen besteht, müsste das risikogewichtete Portfolio nach Ansicht Fabers und anderer Fachleute nicht nur die von Kunden eingezahlten Gelder enthalten, sondern auch nicht mit Krediten gehebelt werden.

Das kann ein Hedgefonds tun, ein normaler Investmentfonds aber nicht. Zum zweiten erklärt sich das hohe Gewicht der Anleihen aus der Kursentwicklung in den vergangenen Jahrzehnten: Die Renditen sanken und bescherten ihren Besitzern hohe Kursgewinne. Auf dem aktuell niedrigen Renditeniveau werden Anleihen künftig aber kaum mehr vergleichbare Kursgewinne bringen- im Gegenteil könnten Kursverluste drohen.